Alpiq: Monopolträume der neuen „Strombarone“

Die enormen Wert- und Ertragseinbussen der Schweizer Stromkonzerne gehen vorwiegend auf das Konto des deutschen Alleingangs namens „Energiewende“. Natürlich hätte man durch eine rechtzeitige weitergehende Privatisierung der grossen Stromunternehmen vermeiden können, dass diese Milliardenverluste nun vor allem den Steuerzahler treffen, entweder durch Sanierungszwänge und/oder ausfallende Dividenden. Doch hält eine Mehrheit der Leute Strom offenbar für eine „natürliche“ Sache des Staates, während die öffentlichen Hände die über Jahrzehnte schön sprudelnden Dividenden gerne dankend entgegennahmen. Zudem boten die Führungsgremien der Stromkonzerne für altgediente Politiker stets gut honorierte Pöstchen ohne Belastung durch irgendwelche unternehmerischen Risiken.

Alpiq will nun unter dem Druck der massiv gesunkenen Strompreise als Verzweiflungsakt die Beteiligungen an Wasserkraftwerken veräussern. Gewisse Kantone und Gemeinde-EWs treten als Interessenten auf, weil sie sich unternehmerisch im Monopol-Schlaraffenland der noch nicht liberalisierten Kleinkunden/Haushalte bewegen können. Da die lokalen Monopol-Gemeindewerke den Haushalten den Strom zu Gestehungskosten verrechnen dürfen, bezahlen Kleinkunden seit dem Absturz der Grosshandelspreise auf dem europäischen Strommarkt absurd überhöhte Strompreise. Darüber ereifern sich die Leute nur deshalb nicht, weil sie sich an stabile Strompreise gewöhnt haben und weil unter Nicht-Ökonomen (was die meisten Leute sind) die Ansicht dominiert, ein gerechter Preis sei ein kostendeckender Preis. Mit Knappheitspreisen freier Märkte können viele nichts anfangen, oder sie halten sie für unfair, wenn sie mehr als kostendeckend sind. Beim Strom haben wir aber schon seit längerem den umgekehrten Fall: Die Preise am freien Markt liegen weit unter den Preisen der regionalen und lokalen staatlichen Monopolanbieter für Kleinkunden, und man rechnet damit, das dies noch längere Zeit so bleiben wird.

Offenbar rechnet man in den Kreisen potenzieller Käufer damit, dass es bis zur Aufhebung des Monopols für Haushalte/Kleinkunden immer noch sehr lange Jahre dauern wird. Bekanntlich hinkt die Schweiz bei der Liberalisierung des Strommarktes der EU weit hinterher. Der erste Liberalisierungsanlauf mit dem Elektrizitätsmarkt-Gesetz scheiterte krachend im Jahr 2002 (!) im Referendum der Linken. Aus Angst vor einem erneuten Schiffbruch vor dem Volk schob man die Öffnung des Strommarktes für Kleinkunden immer wieder hinaus. Ausgerechnet unsere linken staatsgläubigen EU-Freunde sorgen mit ihren Referendumsdrohungen und ihrem Widerstand gegen eine EU-konforme Liberalisierung des Strommarktes für die Verzögerung. Eines ihrer Argumente: Die Schweiz sei ja nicht EU-Mitglied, also könne sie auch bei der Ordnung des Strommarktes ihren eigenen Weg gehen. Für Leute mit einer Neigung zu einem EU-Beitritt der Schweiz wahrlich eine tolle Begründung! Man möchte zwar beitreten, aber natürlich mit allen möglichen Ausnahmen und „flankierenden Massnahmen“. „Une Suisse nous suffit“, sagte der französische Präsident Mitterand bei den Verhandlungen über den EU-Beitritt Österreichs, als die Österreicher Sonderregelungen für die Landwirtschaft und den alpenquerenden Schwerverkehr wollten, was natürlich abgelehnt wurde.

Durch den Transfer der Alpiq-Beteiligungen in wieder rein staatliche Hände von Kantonen und Gemeinden könnte es für die Strommarkt-Öffnung noch schwieriger werden, weil die neuen Eigentümer auf die hohen Monopolpreise angewiesen sind, damit die Rechnung aufgeht. Damit würde das Risiko steigen, dass mitten in einem freien europäischen Strommarkt mit einer funktionierenden Strombörse eine Insel der glückseligen Anhänger einer staatlichen Stromversorgungswirtschaft bestehen bleibt, quasi als zu bestaunendes Relikt aus der guten alten Zeit.