Verzerrte Kriminalstatistiken

In seinem heutigen Memo kommentiert Markus Somm vom „Nebelspalter“ die Daten der Ausländerkriminalität für Deutschland und die Schweiz. Er zeigt für die Schweiz eine „Rangliste des Grauens“. Der obere Teil der Tabelle mit den höchsten Anteilsquoten sieht so aus:

Als erstes europäisches Land liegt Rumänien auf Platz 11. Das entspricht durchaus der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit.

Am untersten Ende der Tabelle befinden sich durchwegs europäsiche Länder mit rund drei bis zehn mal tieferen Quoten als die Länder oben.

 Ich habe schon bei verschiedenen Gelegenheiten darauf hingewiesen, dass eine solche Darstellung verzerrend ist, weil die Daten nicht normalisiert sind. Was heisst das? Die sozio-demografische Struktur der Ausländer ist gerade bei den problematischsten Herkunftsländern völlig anders als bei der deutschen oder schweizerischen Gesamtbevölkerung. Wenn man aus der einheimischen Bevölkerung jeweils die gleiche sozio-demografische Struktur simulieren würde, wären die Unterschiede in der Statistik bestimmt deutlich kleiner, allerdings ohne dass die Unterschiede ganz verschwinden würden.

Markus Somm macht eine solche Normalisierung für die deutschen Verhältnisse ansatzweise, indem er nur Daten von jungen Männern vergleicht. Jung und männlich, das sind immerhin zwei sozio-demografische Kriterien. Es gibt aber noch viele andere, zum Beispiel den Bildungsstand, die kulturelle Herkunft und Prägung, die Einkommensverhältnisse, die soziale Einbettung in die Gesellschaft etc. Qualitative Kriterien sind allerdings schwierig zu normalisieren. Eine gewisse Verzerrung wird also immer bestehen bleiben.

Ein Detail fällt auf: In der Schweiz haben die Briten die tiefste Kriminalitätsquote, niedriger als der Schweizer Durchschnitt. Kein Wunder, denn Briten sind sicher überdurchschnittlich oft Expats mit hoher Bildung und leitenden Jobs in der Schweiz, allenfalls noch Rentner, die hier ihren Lebensabend verbringen. Deren sozio-demographische Struktur weicht von der Struktur der Schweizer Bevölkerung auch ab, nur in der anderen Richtung als bei den Problemländern.

Was die Daten vor allem zeigen, ist die völlig aus dem Ruder gelaufene Gutmenschen-Migrationspolitik bzw. die Unfähigkeit der Politik und der Behörden, mit den bekannten und anhaltenden Problemen umzugehen, insbesondere indem Anreizsituationen durch eine harte, gleichsam „dänische“ Politik grundlegend verändert werden.

Untertauchen ist rational

Das Kosten-Nutzen-Kalkül von abgewiesenen Asylbewerbern

Wer regt sich nicht auf über die abgewiesenen Asylbewerber, die untertauchen, bevor sie ausgeschafft werden können! Noch mehr kann man sich aufregen, wenn man aus den Medien erfährt, was der Hintergrund der Wahnsinnstat des Solinger Messermörders ist. Auf nzz.ch las man am 25. August zu dieser Tragödie einen Abschnitt, der das ganze Versagen einer „moralischen“ Migrationspolitik beleuchtet, die aus der Situation heraus immer wieder die eigenen Regeln bricht:

Nach «Spiegel»-Informationen hätte der mutmassliche Täter längst ausgeschafft werden sollen. Nach den sogenannten Dublin-Regeln des europäischen Asylsystems wäre Bulgarien für ihn zuständig gewesen. Die Abschiebung sei gescheitert, weil der Syrer am Tag der geplanten Ausreise in seiner Flüchtlingsunterkunft nicht angetroffen worden und danach untergetaucht sei. Eine Ausschreibung zur Festnahme habe es wohl nicht gegeben. Ende 2023 sei dem Syrer von Deutschland subsidiärer Schutz gewährt worden.

Statt sich aufzuregen, kann es nützlich sein, einmal den ökonomischen Blick auf die Kosten-Nutzen-Rechnung bzw. die spezifischen Anreizsituationen diverser Akteure des Migrationsphänomens zu richten. Es ist hier die Rede von der Wirtschaftsmigration, nicht von echten Kriegs- und Katastrophenflüchtlingen. Bekanntlich gibt es inzwischen eine umfassende Migartionsindustrie, in der es für die Nachfrage nach Süd-Nord-Migration eine wahre Lieferkette von Angeboten gibt, beginnend beim mafiösen Schleppergewerbe mit seinen Unterabteilungen. Um in den bevorzugten Zielländern nördlich der Alpen anzukommen, braucht es auch die Schengen-Dublin-Regeln verletzende oder gar bestechliche Grenzbehörden. Einmal im Zielland angekommen, stehen den Asylbewerbern alle Angebote der einheimischen Flüchtlingsindustrie offen: hilfreiche Flüchtlings-NGO, spezialisierte juristische Angebote für Einsprachen gegen Ausweisungsentscheide und teilweise willfährige Gerichte und Migrationsbehörden.

Das Kosten-Nutzen-Kalkül von abgewiesenen Asylbewerbern ist nicht schwierig nachzuvollziehen. Der Wirtschaftsmigrant wägt die Lebens- und Arbeitsaussichten in seinem von Staatsversagen gebeutelten Heimatland gegen die Aussicht auf ein besseres Leben in Europa ab. Obwohl eine solche Rechnung nicht objektiv zu machen ist und illusionäre Erwartungen mitspielen dürften, machen x Tausende aus den bekannten Herkunftsländern Jahr für Jahr diese Kosten-Nutzen-Rechnung. Wie viele die Rechnung auch machen und dann zuhause bleiben, wissen wir nicht. Sicher gibt es auch viele, denen die Risiken einer Schlepperreise ins gelobte Europa zu hoch sind.

Nun machen wir einen Sprung und lassen unseren Migranten im Zielland ankommen und ein Asylgesuch stellen. Dieses wird umgehend abgelehnt, und der abgewiesene Asylbewerber erhält den Ausschaffungsentscheid. Vor welcher Situation steht er jetzt? Er hat sein gesamtes erspartes Geld in die illegalen Transitaktivitäten gesteckt, eine ungemein beschwerliche Reise auf sich genommen und sich dabei höchsten Risiken ausgesetzt. Und jetzt soll diese ganze monetäre und nicht-monetäre Investition in ein neues Leben durch einen abschlägigen Asylentscheid und die Ausschaffung zunichte gemacht werden! Alles für die Katze!

Hand aufs Herz: Wer von uns käme in einer solchen Situation nicht auch auf die Idee, unterzutauchen? Zumal man als Untergetauchter über seine guten Chancen auf einen schliesslichen Verbleib im bevorzugten Zielland bestens informiert ist. Nicht nur berichten die Medien regelmässig über die lächerlichen Zahlen von geglückten Abschiebungen. Die Widerspenstigen können sich für Beratung über das optimale Verhalten im Widerstand gegen eine Ausschaffung auch vertrauensvoll an Institutionen des hiesigen Flüchtlingsgewerbes wenden.

Faesers Messerverbot: Typisch links-grüne Logik

Dieses Messer dürfte noch knapp durchgehen

Die Medien berichten, die deutsche Innenministerin Nancy Faeser wolle wegen der ansteigenden Zahl der Messerangriffe das Messerverbot verschärfen. Nur noch Messer mit Klingen bis zu 6 cm Länge sollen die Leute auf sich tragen dürfen. Die Zeitung „Welt“ schreibt dazu: „Ein Messerverbot kann keine geordnete Asylpolitik ersetzen.“

Doch die SPD-Innenminsterin bewegt sich mit ihrem Projekt ganz auf der Linie links-grüner Logik, die einer „end-of-the-pipe“-Politik Vorschub leistet. „End-of-the-pipe-Massnahmen sind nachgeschaltete Eingriffe, die unerwünschte Symptome unterdrücken wollen, aber an deren Ursachen nichts ändern. Der oben zitierte Satz aus der „Welt“ beschreibt das Phänomen in kürzester Weise. Die Merkel’sche Asylpolitik der Willkommenskultur genoss im links-grünen Spektrum bekanntlich am meisten Sympathien. Die Ampel-Koalition hat daran noch nichts Wesentliches geändert.

Ein anderes Muster von „end-of-the-pipe“: Die von Links-grün am überzeugtesten gepushte e-Mobilität gehorcht der Logik, was keinen Auspuff hat, ist gut für das Klima und die Umwelt. Alle vorgelagerten und nicht direkt sichtbaren Umweltbelastungen der e-Mobilität, nicht zuletzt auch jene jenseits der arbiträr gezogenen nationalen Systemgrenzen, werden ausgeblendet. Politisch ist dies insofern rational, als es für eine solche Sichtweise ein politisches Marktsegment gibt, das es zu bedienen gilt. Einer immer noch erstaunlich grossen Zahl von Menschen erscheint die links-grüne Logik plausibel.

„End-of-the-pipe“ sind im Übrigen auch die von US-Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris angedrohten Preiskontrollen für Lebensmittel. Ein typisch linkes Rezept – garniert mit dem latenten oder offen geäusserten Vorwurf des „Wuchers“. Wo Harris auf dem politisch-ideologischen Spektrum anzusiedeln ist, wissen wir inzwischen.

Schweizer Stimmbürger ticken wie amerikanische Wähler

Dieser Text erschien am 6. Mai 2024 auf Nebelspalter online (nebelspalter.ch) in einer leicht anderen Version.

Das Ja des Stimmvolks zur gewerkschaftlichen Volksinitiative für eine 13. AHV-Monatsrente haben wir hinter uns. Vor uns liegen Abstimmungen, die mithilfe linkspopulistischer Rezepte das Kostenwachstum im Gesundheitswesen bremsen wollen. Im rechten politischen Spektrum steht das Thema der illegalen Immigration ganz oben auf der Agenda. Erhebungen im Vorfeld der US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen zeigen, dass die Leute dort ganz ähnlich ticken wie hier.

Eine Umfrage im Auftrag der US-amerikanischen Internet-Plattform „The Liberal Patriot“ testete 40 verschiedene politische Ideen im Zusammenhang mit den Wahlkampagnen der Präsidentschaftskandidaten Biden und Trump. Dieser Kommentar stützt sich auf die ausführliche Analyse auf „The Liberal Patriot„.

Die wichtigsten Themen für Biden waren im Allgemeinen Vorschläge rund um das Gesundheitswesen, von denen die meisten grossen Anklang fanden. Ein Beispiel ist die Erhöhung der Zahl der verschreibungspflichtigen Medikamente, deren Preis Medicare (die bundesstaatliche Krankenversicherung für Senioren) aushandeln kann. Dieser Vorschlag wurde von 81 Prozent der Wähler unterstützt, und nur sechs Prozent lehnten ihn ab, was einer fulminanten Nettounterstützung von 75 Prozentpunkten entspricht. Diejenigen, die diesen Vorschlag unterstützten, unterstützten mit netto 57 Prozentpunkten (72-15) sehr deutlich auch die Nutzung der Befugnisse des Präsidenten, um illegale Grenzübertritte von Migranten an der Grenze zu Mexiko zu stoppen.

Die Befragung ergab bei weiteren Vorschlägen zum Gesundheitswesen und zur illegalen Immigration ein ähnliches Bild: „The Liberal Patriot“ kommentierte dies so, dass Wähler, die im Gesundheitswesen linkspopulistische Ideen zur staatlichen Senkung der Gesundheitskosten unterstützen, mit überwältigender Mehrheit auch einen viel härteren Ansatz gegen die illegale Einwanderung fordern. Eine erstaunlich grosse Zahl von Wählern vertritt eine Kombination von links- und rechtspopulistischen Ansichten.

In der Schweiz brauchen wir weniger Umfragen als in anderen Ländern, weil wir vierteljährlich über alles Mögliche abstimmen. Dabei zeigt sich in jüngerer Zeit, dass Schweizer Stimmbürger ähnlich ticken wie amerikanische Wähler. Offensichtlich reagieren die Leute auf unmittelbar drängende Probleme – Lebenshaltungskosten/Inflation bzw. illegale Immigration/innere Sicherheit – und haben keine Mühe, politisch klar linke mit traditionell rechten Präferenzen zu kombinieren und zu vertreten. Ideologie tritt in den Hintergrund, je drängender die Probleme im Alltag spürbar werden. Diese Einsichten bewahren uns vor Überraschungen bei den kommenden Abstimmungen.