Degrowth – populär bei Gutbetuchten

Nachlese zur Umweltverantwortungsinitiative

(Bild auf der Startseite von umweltverantwortung.ch)

Die masslose Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen haben wir schadlos überstanden. Rund 70 Prozent derer, die abstimmten, konnten sich offenbar ein idyllisches Konsum- und Freizeitleben in grün leuchtenden unversehrten Landschaften wie rechts im Bild oben nicht vorstellen, ohne dahinter als Grundlage des Wohlstands eine produktive Welt wie im Bild links. Aber doch gut 30 Prozent sprachen sich für ein Abwracken des schweizerischen Wohlstands aus. Die höchsten Zustimmungsraten gab es erwartungsgemäss in den rot-grünen Städten. In Genf, Zürich und Basel erreichte die Zustimmung gut 48 Prozent. Lausanne mit 58 Prozent Jastimmen und Bern mit fast 60 Prozent sorgten für einsame Spitzenergebnisse.

Typisch für die soziodemografische Struktur dieser Städte ist das Übergewicht einer Bevölkerungsgruppe, die der deutsche Kulturwissenschafter Wolfgang Ulrich als den „neuen Moraladel“ bezeichnet hat. Diese Leute, meistens Angehörige einer Bildungs- und Einkommenselite, orientieren sich vornehmlich an Werten. Konkrete Auswirkungen politischer Programme auf ihre Lebenswelt spielen kaum eine Rolle, denn diese Leute können dank ihrer privilegierten Stellung in der Gesellschaft damit rechnen, sich solchen Folgen entziehen zu können.

Energie- und klimapolitische Abstimmungen zeigen immer dasselbe Muster, wenn die Abstimmungsresultate nach soziodemografischen Kriterien untersucht werden, wie das die VOX-Nachabstimmungsanalysen tun. Ich zeige unten die vier Urnengänge seit dem Energiegesetz im Mai 2017:

Alle vier Gesetze sind Elemente der von grüner Ideologie getränkten schweizerischen Energie- und Klimapolitik, deren Umsetzung auf dem Prinzip Hoffnung beruht. Was Eduard Kiener, der frühere Direktor des Bundesamts für Energie, davon hält, können Sie hier nachlesen. Sein Fazit: Eine rein erneuerbare Versorgung ist weder technisch noch wirtschaftlich realistisch. Und wie das Stimmvolk jeweils zur Zustimmung manipuliert wird, beschrieb Hansueli Schöchli in einem NZZ-Artikel vom 9. Februar 2025: Ein Lehrbuchbeispiel für eine Abstimmungsvorlage, welche die Zielkonflikte versteckte, war das Klimaschutzgesetz, das 2023 an der Urne mit 59 Prozent Ja-Stimmen durchsegelte. Die Vorlage offerierte ein hehres Ziel (netto null Ausstoss von Treibhausgasen ab 2050), sie nannte keine Kosten, und sie versprach sogar noch Subventionen in Milliardenhöhe ohne Benennung der Rechnungsadressaten. Demokratiepolitischer Wert jener Volksabstimmung: ungefähr netto null.

Die Bildungselite zeigte bei allen vier Vorlagen die klar höchste Zustimmungsrate und gleichzeitig die höchste Stimmbeteiligung. Ein ähnliches Muster ergibt sich bei einer Darstellung nach Einkommenskategorien. Das hat nichts mit einem besseren Verständnis der massgebenden Fakten und Zusammenhänge zu tun, sondern ist Ausdruck der Selbsterhöhung einer sich moralisch überlegen fühlenden Elite. Angehörige des neuen Moraladels wünschen sich eine Welt nach ihren eigenen Idealvorstellungen. Dazu passt, dass auch ihr Einstehen für Umwelt- und Klimavorlagen gerne idealisiert wird, vorzugsweise ganz unbescheiden als Einsatz für eine bessere Welt, zur Rettung des Planeten oder für künftige Generationen. Normalbürger dagegen fragen sich: Wenn wir das tun, welche Folgen wird das im Konkreten haben? Den Ersten geht es um Werte, den Zweiten um Wirkungen.

Der Anspruch der Degrowth-Eliten auf eine moralische Vorzugsstellung ist eine perfide Täuschung. Gerne geben sie sich auch noch als Fürsprecher derer aus, die die Folgen ihrer Politik zu tragen hätten. Denn ihre Präferenz für radikale Klima- und Umweltmassnahmen enthält implizit die Forderung, dass vor allem auch alle anderen den entsprechenden Verzicht leisten sollen. Denn nur dann entsteht die gewünschte Wirkung. Wie das Bild aussieht, wenn man die oberste Elite den Normalbürgern gegenüberstellt, zeigte sich in einer Umfrage in den USA aus dem Jahr 2023:

(Quelle: Survey by the Committee to Unleash Prosperity: “Them vs. U.S. The Two Americas and How the Nation’s Elite Is Out of Touch with Average Americans”)

Die blauen Säulen geben die Zustimmung der Stimmbürger wieder. Rot und grau sind die Angehörigen einer Topelite. Der Graben ist gewaltig. Über ihre privilegierte Stellung in den meinungsmachenden Institutionen wollte diese urban-linksliberale Elite ihre Klimapolitik gegen die Interessen der Leute durchdrücken. Glaubt denn irgend jemand, die Eliten hätten auf die in der Grafik genannten fünf Dinge verzichtet? Diese Grafik gibt auch einen Hinweis, weshalb Donald Trump eine derart deutliche Wiederwahl geschafft hat.

Degrowth ist nicht nach dem Geschmack der Menschen. In einem Bulletin der Schweizerischen Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften schliessen drei Autoren einen Beitrag über „Degrowth als Weg in eine lebenswerte Zukunft“ mit folgendem Satz: „Damit einher ginge eine neue Lebenskunst der Genügsamkeit, des Gemeinsinns, der inneren Zufriedenheit und Resonanz.“

So ein Satz könnte auch in der Einladung zu einem Esoterik-Workshop stehen.

One thought on “Degrowth – populär bei Gutbetuchten”
  1. Zuerst das Fressen, dann kommt die Moral (Bechthold Brecht)

    Alle im Moraladel angekommenen Eliten müssen einmal „gefressen“ haben, sonst wären sie dort nie angekommen. Umso arroganter, abstossender und abgehobener wirkt ihr Anspruch auf die Deutungshoheit!

    Übrigens vielen Dank Herr Rentsch für Ihren Artikel!

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