„Atommüll“ nach Australien – ein vernünftiger Vorschlag

Man vernimmt via Twitter immer auch mal Interessantes. Der frühere Labor-Premierminister von Australien, Bob Hawke, sprach jüngst vor einem überraschten Publikum eines Musikanlasses über ein heisses Thema. Australien müsse angesichts der Risiken des Klimawandels voll auf die Atomenergie und die Fortschritte dieser noch stark entwicklungsfähigen Technologie setzen. Dann legte Hawke noch einen drauf und meinte, Australien wäre von den natürlichen Voraussetzungen her, insbesondere der Geologie, am besten geeignet, um das Problem der Entsorgung von radioaktivem Material, genannt „Atommüll“, auch für andere Ländern lösen zu helfen.

Dieser Vorschlag ist natürlich gar nicht im Sinne der Anti-Atom-Aktivisten. Diese hat es mit ihrer Propaganda fertig gebracht, dass heute in Politik, Medien und in der Bevölkerung die Ideologie vorherrscht, jedes Land müsse seinen „Atommüll“ selber entsorgen. In der Schweiz gilt diese Meinung als Bekenntnis der einzig richtigen Gesinnung, und kein Politiker, geschweige denn eine Politikerin, würde es wagen, dieses Prinzip in Frage zu stellen. Es gehe doch ethisch nicht an, andere Länder mit unserem „Atommüll“ zu belasten.

Sowohl rational als auch ethisch ist das schlicht Unsinn. Wieso soll man nicht die weltweit am besten geeigneten Standorte nutzen, um die Risiken und die Kosten für die Menschen insgesamt möglichst niedrig zu halten? Das sind dünn besiedelte Länder bzw. Regionen mit günstigen geologischen Bedingungen und einem demokratischen System, das die notwendigen Entscheidungen rechtsstaatlich korrekt trifft  –  zum Beispiel Australien. Hier sind die ethischen Argumente aus Sicht Australiens nachzulesen: http://www.abc.net.au/news/2016-02-19/steketee-nuclear-winner:-the-case-for-storing-nuclear-waste/7184650. Selbstverständlich bräuchte es dazu auch ein internationales Regelwerk, damit ein solches System sauber funktionieren kann.

Der Widerstand der Anti-Atomlobby gegen einen internationalen Ansatz des Entsorgungsproblems ist leicht zu verstehen. Viele Bemühungen der AKW-Gegner zielen darauf ab, die Kosten der Atomenergie mit der Forderung nach geradezu absurden Sicherheitsstandards, auch für die Stilllegung und Entsorgung, in die Höhe zu treiben. „Raising enemies‘ costs“ heisst diese bei Aktivisten beliebte Strategie im Jargon der politischen Ökonomie. Man kennt dasselbe auch auf dem Gebiet der Grünen Gentechnik. In der Schweiz hat die Politik, unter dem Druck einer desinformierten Bevölkerung, die Kosten für die Sicherheitsanforderungen an GVO-Freisetzungsversuche für die Forschung so weit in die Höhe getrieben, dass höchstens noch gut dotierte staatliche Forschungsinstitutionen wie der Verbund ETHZ-Universität Zürich überhaupt Gesuche zu stellen vermögen. Die führenden Konzerne wie Syngenta oder BASF in Deutschland haben sich mit ihrer GVO-Forschung weitgehend aus Europa verabschiedet.