For a Few Dollars More

COP29 diskutiert ein gewaltiges Umverteilungsprogramm für den Globalen Süden

Die COP29-Konferenz in Baku ist ein Mammut-Ereignis, quantitativ wohl fast auf dem Niveau Olympischer Spiele. Ich zitiere die Webseite der „Fastenaktion“: „Eine Auswertung zeigt, dass 1’773 Lobbyisten für fossile Energieträger vor Ort sind… Immerhin: Letztes Jahr wurde in Dubai mit 2’400 Vertretern der Höchststand an fossilen Lobbyisten erreicht. Dem stehen knapp 10’000 Vertreter:innen von NGOs und knapp 3’000 Medienschaffende gegenüber. Insgesamt wird die Zahl der Teilnehmenden auf 40’000 geschätzt.“

Nun gut, das Verhältnis 10’000 zu 1’773 ist für die NGO nicht so schlecht. In Baku fordern NGO-Lobbyisten, dass ein Ausstiegsdatum aus den fossilen Energien beschlossen wird. Doch warum bei einer globalen Dekarbonisierungskonferenz möglichst keine von NGO-Forderungen betroffene Vertreter der fossilen Energeiträger dabei sein sollen, diese Logik erschliesst sich wohl nur Anhängern einer Cancel-Culture. Solche gibt es in den missionarischen Klima-NGO zur Genüge. Stellvertretend für viele zum Beispiel unsere Schweizer UNO-Klimabotschafterin, die Klimaaktivistin Marie-Claire Graf, die in einem früheren NZZ-Video als Rednerin an einer Demo gezeigt wurde und sagte, es brauche jetzt grosse Veränderungen, auch Verbote und schmerzhafte Eingriffe. Dann verglich sie „Klimalügner“ mit Anhängern der Wiedereinführung von Hexenverbrennungen und von Kinderarbeit. Die Klimakrise sei existenziell für uns, aber auch für die Menschen im Globalen Süden, und darum dürften „Klimalügner“ gar keine Plattform mehr erhalten.

Aus wirkungslosen x Milliarden Entwicklungshilfe nichts gelernt?
An der Konferenz ist ein Anschluss-Finanzierungsprogramm zugunsten der Länder des Globalen Südens im Gespräch. NGO-Aktivisten fordern, dass die notwendige Klimafinanzierung durch Finanzbeihilfen aus dem Globalen Norden und nicht durch Kredite erfolgen soll. Partnerorganisationen im Globalen Süden teilen diese Position. Welch ein Wunder!

Medienberichten zufolge geht es um mindestens eine Billion US$, die bis 2030 mobilisiert werden sollten, um Entwicklungsländer gegen die Folgen des Klimawandels zu schützen und um deren Energieversorgung auf fossilfreie Energieträger umzustellen. UNO-Experten sollen sogar Finanzierungshilfen von 2,4 Billionen US$ geschätzt haben, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens im globalen Süden umzusetzen. Klar, je weniger realistisch ein Ziel, desto teurer wird es!

Seit Jahrzehnten fliessen aus den reichen Ländern des Globalen Nordens im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit enorme Summen in den Globalen Süden. Die Resultate sind ernüchternd. Die Armut hat gerade nicht in denjenigen Ländern abgenommen, die relativ am meisten Hilfe von aussen erhalten haben. Der Anteil der Menschen in Armut konnte im Gegenteil in Ländern markant gesenkt werden, die nicht von Entwicklungshilfe abhängig waren, allen voran bekanntlich in China. Wo wachstumsfreundliche inklusive Institutionen und Kulturen fehlen, nützen finanzielle Hilfen von aussen nichts oder sind sogar kontraproduktiv.

Selbst wenn ein solches Billionen-Dollar-Paket in konkrete Klimaprojekte fliessen würde, stellt sich die Frage, wie dafür gesorgt werden kann, dass eine derart massive „Klimafinanzierung“ in institutionell schwachen Ländern des Globalen Südens nicht dasselbe Schicksal erleidet wie die gut gemeinte, aber gemessen an den Erwartungen und den hehren Zielen gescheiterte westliche Entwicklungshilfe.

4 thoughts on “For a Few Dollars More”
  1. Den Zusammenhang zwischen Entwicklungshilfe und „Klimafinanzierung“ gibt es, seit die Klimaerwärmung als Problem gilt, also seit mindestens vierzig Jahren. Der Hintergrund:

    Als Folge des Uno-Umweltgipfels in Stockholm und von „Grenzen des Wachstums“ 1972 setzte die Uno 1983 die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung ein, benannt nach ihrer Vorsitzenden, der ehemaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland. Ihr Bericht kam 1987 heraus, und er führte zum Uno-Weltgipfel in Rio 1992. Die Grundaussage des Berichts war: Wenn sich der globale Süden gleich entwickelt wie der Norden, dann führt dies – Grenzen des Wachstums! – zur Katastrophe. Der Süden muss deshalb in seiner Entwicklung eingeschränkt und dafür mit zusätzlichen Zahlungen entschädigt werden. Dabei ging es spätestens ab 1989, als die internationale Klimadiskussion aufkam, vor allem um den Verzicht auf fossile Energieträger.

    Diese Diskussion brachte führend die Schweiz auf, konkret Bundesrat Flavio Cotti, der 1990 einen Entwurf für eine Klimakonvention vorlegte, die eine weltweite CO2-Steuer forderte, und bis zum Weltgipfel 1992 dafür kämpfte. Was von den Entschädigungszahlungen zu halten war und immer noch zu halten ist, sagte der brasilianische Erziehungsminister und IPCC-Wissenschafter José Goldemberg, der die Verantwortung für den Gipfel trug. Wie die Schweizer Botschafterin an Cotti rapportierte, klagte er über die afrikanischen Länder, „die von der Sache nichts verstanden hätten und das Anliegen als Hebel benutzen möchten, um die ihnen zufliessenden Entwicklungshilfegelder zu erhöhen“.

  2. Meine Antwort auf die Frage ist klar: Es kann nicht verhindert werden, dass eine x Milliarden schwere „Klimafinanzierung“ in institutionell schwachen oder korrumpierten Ländern des Globalen Südens dasselbe Schicksal erleidet wie die gut gemeinte, aber gemessen an den Erwartungen und den hehren Zielen gescheiterte westliche Entwicklungshilfe! Sie wird dieses Schicksal erleiden.

    (Die Frage war übrigens mit doppelter Negation falsch gestellt – aber man weiss, was gemeint ist 😉

  3. Danke Hans, dass du diesen Beitrag geschrieben hast, das erspart mir die Mühe.
    Pseudomutige Entscheidungen, die keine praktische oder finanzielle Unterstützung haben, sind letztendlich schwachsinnige Entscheidungen, Täuschungen und/oder Wunschdenken. Dies gilt für das Ziel „Netto-Null CO2“ und eine Frist für die Erreichung dieses Ziels.
    Ungeachtet dieser Hindernisse gibt es etwa 14’773 nutzlose Menschen, die für ein paar Tage in Baku herumlungern. Was tun sie den Rest des Jahres?

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