„The March of Folly 2.0“?

Ganz aktuell: Das deutsche Zustrombegrenzungsgesetz

(Bildquelle: abgeordnetenwatch.de)

Achtung! Das in Deutschland gerade heftig diskutierte Zustrombegrenzungsgesetz hat nichts mit der deutschen Energiewende oder erneuerbaren Energien zu tun. Obwohl man zum Beispiel annehmen könnte, es handle sich um eine Begrenzung des in Deutschland geächteten Atomstroms, den das Land bei Dunkelflauten aus Frankreich oder anderen Nachbarländern importieren muss, damit Wirtschaft und Gesellschaft nicht stillstehen.

Nein, der Zustrom und die Zustrombegrenzung betreffen, wie bestimmt die meisten inzwischen wissen, die Migrationsströme Richtung Deutschland. Diese sollten mithilfe des Zustrombegrenzungsgesetzes mit vielen Jahren Verspätung nun doch begrenzt werden. Das wird aber so nicht geschehen, denn der deutsche Bundestag hat sich sehenden Auges in Geiselhaft der verfemten AfD begeben. Jedes Gesetz, dem die AfD-Abgeordneten zustimmen, kommt vorderhand entweder gar nicht zu Abstimmung oder muss von den Nicht-AfD-Abgeordneten abgelehnt werden, sonst werden sie gnadenlos an den Pranger gestellt. Auch Aggressiveres ist sanktionslos möglich, wie man diese Woche mitbekommen hat. Die Kohorten der echten Demokraten „gegen rechts“ sind stets massenhaft mobilisierbar und marschbereit, an der Spitze der Antifa-Mob, der schon mal in einigen CDU-Parteibüros vorbei geschaut hat.

Stoff für „The March of Folly 2.0“?
„The March of Folly“, auf deutsch „Die Torheit der Regierenden“ der US-amerikanischen Historikerin Barbara Tuchman war in den 1980er-Jahren ein Bestseller. Tuchman erhielt dafür den Pulitzerpreis. Sie malt dort in einem unvergleichlich anregenden Stil und mit grossem historischem und Insiderwissen das Bild von verblendeten politischen Eliten, die sehenden Auges und gegen alle Warnsignale in den Abgrund reiten.

Tuchman benützt dazu vier grosse Geschichten, von denen die erste, der Untergang von Troia nach Homer – mit dem hölzernen Pferd der Griechen, vor dem die Königstochter Kassandra gewarnt hatte – keine historische Basis hat. Die drei anderen dagegen schon: Erstens die Ausschweifungen und Machtspiele der korrupten Päpste, mit welchen sie die Reformation und die Kirchenspaltung provozierten. Zweitens der Verlust der amerikanischen Kolonien durch eine verblendete aristokratische Machtelite in England. Drittens das Vietnamdebakel der USA mit der schrittweisen Eskalation ohne Einsicht in die Ausweglosigkeit und entgegen ursprünglichen Absichten.

Diese letzte und jüngste Geschichte spielt als einzige in einer modernen Demokratie. Vielleicht bietet die deutsche Politik der Gegenwart Anlass für eine Fortsetzung unter dem Titel „The March of Folly 2.0“? Kaum jemand möchte darauf hoffen. Doch sind die Machtverstrickungen in der heutigen deutschen zersplitterten Parteienlandschaft derart unübersichtlich, dass man sich auf alles Mögliche einstellen muss. Wahrscheinlich wird das Wirtschaft und Gesellschaft lähmende „Brandmauer-Theater“, das von den Eliten an den Hebeln der Meinungsmacht befeuert wird, nach den Wahlen in drei Wochen vorerst mal weitergehen. Die heilsame Anti-woke-Welle aus den USA hat die europäischen Küsten noch nicht erreicht.

One thought on “„The March of Folly 2.0“?”
  1. „The March of Folly“ ist in der Tat lesenswert und ist tatsächlich eine Vorwegnahme der deutschen Politik seit dem Anfang der Merkel-Zeit. Wer das Buch lesen will braucht allerdings einiges an Stamina. Tuchmann geht SEHR ins Detail.

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