Heute dies und das

Was tut der Blogger, wenn ihm die laufende Woche kein grösseres Thema für einen Artikel geliefert hat? Er nimmt zwei kleinere, auch wenn sie nichts miteinander zu tun haben.

1. Dies: Unser täglich Brot – und zu viel Zucker

Lesen Sie auch gelegentlich mal auf Verpackungen die kleingedruckten Angaben über die Inhaltsstoffe in essbaren Produkten? Kürzlich kaufte ich bei einem Grossverteiler ein Roggenbrot und las auf der Verpackung die oben abgebildeten Informationen. Ich war dann doch einigermassen erstaunt, was es alles im Brot sicher hat oder zusätzlich haben kann. Allerdings handelte es sich bei diesem Brot um ein industriell hergestelltes Produkt. Dort spielt unter anderem die Haltbarkeit eine viel grössere Rolle als bei normalem Brot (wie) vom Bäcker. Inhaltsstoffe dienen vor allem auch der Geschmacksverstärkung.

Angriff auf die Volksgesundheit
Mein Interesse auf den Inhaltsangaben gilt fast immer dem Gehalt an Zucker – nicht nur aus persönlichem Interesse an weniger (verstecktem) Zucker in meiner Verpflegung. Mein allgemeines Interesse hat mit meiner früheren Rolle beim Think Tank Avenir Suisse zu tun, wo ich in den Nullerjahren das agrarpolitische Dossier betreute. Die ‚déformation professionelle‘ des politischen Ökonomen zeigt sich in seiner unwiderstehlichen Neigung, den Blick vom Einzelfall stets auch auf das Gesamtsystem zu richten, an dieser Stelle etwa so: Einerseits profitieren unsere Zuckerrübenbauern und die landwirtschaftsnahen Verbände als Miteigentümer der beiden Zuckermühlen Aarberg und Frauenfeld vom suchtartigen Zuckerkonsum der Bevölkerung. Anderseits bedeutet dieser übermässige Konsum auch einen Angriff auf die Volksgesundheit. Da müssen sich dann die Bundesämter für Landwirtschaft BLW und für Gesundheit BAG auf einen gemeinsamen Kurs einigen. Mit der bestens organisierten Agrarlobby im Rücken behielt bislang das BLW gezwungenermassen deutlich die Oberhand.

(Quellen: Bild links von iStock / Bild rechts von medondo.health)

Bekanntlich ist Zucker, neben seiner Funktion zur Erhöhung der Haltbarkeit, auch ein Geschmacksverstärker. Wissen Sie, wie viel Zucker es im Ketchup hat? Es sind in der Schweiz 22,8 Gramm auf 100 Gramm. Die grössten Fans von Ketchup sind gerade deshalb Kinder, womit die Fehlernährung früh beginnt. Der Zuckergehalt ist in diesem global bekannten Produkt nach meinen Recherchen nicht in allen Ländern gleich. Das kennt man schon von Coca Cola. Die Anbieter dieser weltweit vertriebenen Produkte differenzieren nach länderspezifischen Unterschieden im Geschmacksempfinden.

Für meinen Geschmack hat es im handelsüblichen Joghurt zu viel Zucker. Ich fragte einmal den mit mir befreundeten Verantwortlichen, der bei Migros für Milchprodukte zuständig war, warum es keinen Joghurt mit nur der Hälfte des Zuckers gebe. Seine Antwort war kurz und bündig: Das kaufen die Leute nicht. Das glaube ich bis heute nur halbwegs. Nur halbwegs, weil ich einen anekdotischen Hinweis habe, dass mein Migros-Freund doch recht haben könnte. Es gab nämlich vor Jahren in einem Zuger Migros-Supermarkt eine kurze Zeit lang Fruchtjoghurt ohne Zucker oder Süssmittel, das mir sehr schmeckte und das ich regelmässig kaufte. Bis es eines Tages nachhaltig aus dem Sortiment gekippt wurde. So geht das, wenn die Kunden streiken. Allerdings wurde dieses Joghurt meines Wissens auch nie beworben.

Mir scheint, die unterschiedlichen Vorlieben der Kunden könnte man mit mehreren Varianten des Zuckergehalts noch besser treffen als nur mit den verschiedenen Frucht- oder anderen Joghurtsorten. Ich kaufe keine dieser Sorten, denn sie landen für mich alle im gleichen Topf: zu süss. Auch die Autoproduzenten zeigen doch mit ihren vielen verschiedenen Modellen und Untervarianten, dass es sich offenbar lohnt, den Markt produktmässig zu differenzieren und mit zahlreichen Optionsvarianten auf je spezifische Marktsegmente auszurichten. Oder man denke an die schon fast dekadente Vielfalt an Müeslis und Frühstücksflocken in den Gestellen der Grossverteiler!

2. Das: Wissen Sie, was „prenups“ sind?

Wir sind die erste Generation, der es objektiv schlechter geht als unseren Eltern.“ Diesen Satz las ich diese Woche auf der US-amerikanischen Online-Zeitung „The Free Press“, geschrieben von einer gewissen Kara Kennedy. Nicht nur objektiv aufgrund von Daten, sondern vor allem subjektiv haben viele Menschen in westlichen Gesellschaften diesen Eindruck. Kennedy schreibt aber nicht über den allgemeinen zukunftspessimistischen Zustand westlicher Demokratien im Abstieg, sondern über einen Trend, der eines der Symptome solcher Abstiegssorgen sein könnte. Der Titel ihres Artikels lautet „Why Is Everyone Getting a Prenup?“.

Bis letzten Mittwoch war auch mir der Ausdruck „prenup“ unbekannt. Die Autorin geht der Frage nach, weshalb heute immer mehr jüngere Leute, bevor sie heiraten, einen Ehevertrag („prenuptial agreement“) abschliessen. Sie nennt dazu auch Zahlen. Bei den Millenials hatten in den USA gemäss einer Umfrage 47 Prozent einen Ehevertrag, bei Angehörigen der Gen Z waren es 41 Prozent. Bei Gen Z ist der Anteil kleiner als bei den Millenials, weil sie jünger sind und im Fall einer Trennung noch weniger Materielles auf dem Spiel steht. Zudem sind Gen Z-Paare wohl einen Tick sorgloser. Kara Kennedy erwähnt in ihrem Artikel in „The Free Press“ den beträchtlichen Einfluss von ‚Celebrities‘ auf das Verhalten jüngerer Leute, auch bei der Enttabuisierung von präventiven Eheverträgen.

Ähnliche Trends in Europa
Mich nahm dann wunder, ob es in Europa einen ähnlichen Trend gibt, und welches die Gründe dafür sind. In solchen Fällen ist Google Gemini eine gute Quelle. Ich erhielt zu den Tendenzen in Europa folgende, von mir leicht redigierte Antwort:

Ein Ehevertrag kann im Hinblick auf eine Trennung in Minne und ohne Streit sicher nützlich sein. Der Ökonom muss allerdings fragen, welche Verhaltensanreize von einem Ehevertrag ausgehen könnten. Es könnte ja sein, dass die Ehepartner bei Schwierigkeiten leichter bereit sind, eine Trennung bzw. Scheidung zu beschliessen, weil alles Wichtige, vor allem Materielles, bereits geregelt ist. All die Aufwendungen und Lasten, die eine Scheidung ohne Ehevertrag mit sich bringen würde, entfallen weitgehend. Nun kann man allerdings einwenden, es liessen sich in einem Ehevertrag bewusst prozessuale Klauseln einfügen, die eine zu unüberlegte Trennung verhindern sollen.

Kara Kennedy verweist in ihrem Artikel mit dem eingangs zitierten Satz auf ein Klima der materiellen Angst in den USA, wie es in der Schweiz noch nicht existiert. Doch die jüngst bereits sinkende reale Kaufkraft der verfügbaren Durchschnittseinkommen wird durch die angekündigte Erhöhung von Zwangsabgaben in der Bevölkerung bald klar spürbar werden. Und vieles deutet darauf hin, dass das Zukunftsvertrauen angesichts der sich auftürmenden Probleme und der Unfähigkeit der Politik zu wirksamen und nachhaltigen Lösungen auch in der Schweiz beschädigt ist.

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