Mehr Markt? Nein danke!

Liberalisierungswiderstand im EWR-Nein vom 6. Dezember 1992

„Ich kenne nur zehn Personen in der Schweiz, welche die 784 Seiten des Vertrages über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gelesen und im Detail begriffen haben; dennoch wurde über ihn abgestimmt. Dies öffnet dem Populismus Tür und Tor.“

Franz Blankart (Chefunterhändler EWR)

Am 6. Dezember 1992 lehnte das Stimmvolk mit einer hauchdünnen Mehrheit von 50,3 Prozent den Beitritt der Schweiz zum Europäischen Wirtschaftsraum EWR ab. Das Ständemehr war zwar mit 16 ablehnenden Kantonen klarer, doch fehlt diesem eine zwingende Legitimation, weil ein obligatorisches Doppelmehr-Referendum gemäss Verfassung nicht notwendig gewesen wäre. Der EWR-Vertrag verlangte keinen Beitritt zu einer internationalen Organisation, der gemäss Verfassung dem obligatorischen Referendum untersteht. Dennoch entschloss sich der Bundesrat, den Vertrag dem obligatorischen Referendum zu unterstellen. So war zur Annahme der Vorlage auch eine Mehrheit zustimmender Kantone nötig – ein absehbar unüberwindliches Hindernis.

Ein Rückblick auf diese schicksalhafte, politische Weichen stellende Abstimmung lohnt sich auch als Lehrstück über die Funktionsweise der schweizerischen Institutionen. Nicht nur für die typischen überschiessenden direktdemokratischen und föderalistischen Kompromisse bietet die EWR-Abstimmung Anschauungsmaterial, sondern auch für mangelnde strategische Kompetenz einer übergrossen Koalitionsregierung – heute nicht weniger aktuell als damals.

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