Verdrängte Risiken einer Corona-Hysterie – und was das konkret bedeutet
Am 16. März 2020 verordnete der schweizerische Bundesrat den landesweiten Corona-Lockdown mit der Schliessung von Schulen, Restaurants sowie Geschäften und Lokalitäten mit Publikumsverkehr wie Fitness Centers und anderen Einrichtungen. ‚Bleiben Sie zuhause!‘ stand in Leuchtschrift über Autobahnen. Mit einem Schlag wurde der als zuständig erachtete Bundesrat und Gesundheits-Minister Alain Berset zur allgegenwärtigen Medienfigur.
Verunglimpfung dissidenter Stimmen
Am Tag danach, also am 17. März, schrieb ich auf meinem Blog volldaneben.ch einen Kommentar unter dem Titel ‚Verdrängte Risiken einer Corona-Hysterie – Divergenzen zwischen einer eng medizinischen und einer umfassend gesellschaftlichen Sichtweise‘‚. Durch die ökonomische Brille betrachtet, sah ich die extreme Fokussierung auf die Vermeidung von unmittelbaren Todesfällen bei praktisch völliger Vernachlässigung der potenziell massiven negativen Neben- und Folgeeffekte eines überschiessenden Lockdowns als verzerrte Interessenabwägung. Wenn ich mich richtig erinnere, hatte ich den Text auch als Leserzuschrift der NZZ geschickt, publiziert wurde er aber meines Wissens nie.
Im Oktober 2020, also rund sieben Monate später, veröffentlichten „dissidente“ Epidemiologen die Great Barrington Declaration. Einleitend heisst es dort: Als Epidemiologen für Infektionskrankheiten und Wissenschaftler im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens haben wir ernste Bedenken hinsichtlich der schädlichen Auswirkungen der vorherrschenden COVID-19-Massnahmen auf die physische und psychische Gesundheit und empfehlen einen Ansatz, den wir gezielten Schutz (Focused Protection) nennen.
Heute weiss man, dass die Autoren der Great Barrington Erklärung recht hatten. Damals wurden sie aber von den Mainstream-Medien inklusive Twitter, Google/YouTube, Reddit, Facebook etc. zensiert und von offizieller behördlicher Seite in teils übelster Weise angegriffen. Was die Autoren der Erklärung als „Focused Protection“ empfohlen hatten, findet sich schon in meinem Blogbeitrag vom 20. März 2020 unter dem Titel „Gleicher Fit für alle?“. Einleitend steht dort: „…die Wirtschaft, besonders die gewerbliche der KMU, ist grossenteils lahmgelegt. Die Schulen sind geschlossen. Sind diese extremen Einschränkungen, die keinen Unterschied zwischen den Risikogruppen machen, gerechtfertigt?“.
Frühere Warnungen eines prominenten Epidemiologen
Das US-amerikanische News-Portal ‚The Free Press‘ brachte letzten März einen langen Artikel des bekannten Wirtschafts-Journalisten Joe Nocera über die Warnungen des prominenten Epidemiologen D.A. Henderson vor einem totalen Lockdown der Gesellschaft im Falle einer Pandemie. Hendersons Warnungen stammen aus dem Jahr 2006 und hatten null Einfluss auf das Verhalten der US-amerikanischen und der meisten Behörden anderer Länder. Nocera gibt einen ausführlichen und vertieften Einblick in Hendersons Warnungen und Argumente.
Es geht weitgehend genau um jene kostspieligen und opferreichen Neben- und Folgeeffekte, die ich im Blog als verdrängte Risiken einer Corona-Hysterie bezeichnet hatte, in meinem kurzen, spontan verfassten Text jedoch nicht detailliert ausführen konnte. In diesem Sinne ist Joe Noceras ausführlicher Kommentar über Henderson eine willkommene Konkretisierung meiner damaligen prinzipiellen Überlegungen.
Aus dem Text von Joe Nocera auf ‚The Free Press‘
(übersetzt aus dem Englischen mithilfe des Google Übersetzers und von Microsofts Copilot)
Jahre vor Covid warnte der Wissenschaftler, dem die Ausrottung der Pocken zugeschrieben wird, davor, die Welt herunterzufahren, um eine Epidemie zu bekämpfen. Im Jahr 2006, zehn Jahre vor seinem Tod im Alter von 87 Jahren, legte der legendäre Epidemiologe D.A. Henderson einen Plan vor, wie das öffentliche Gesundheitswesen auf eine grosse Grippepandemie reagieren sollte. Er wurde in einer kleinen Zeitschrift veröffentlicht, die sich hauptsächlich mit Bioterrorismus befasste – und geriet schnell in Vergessenheit.
Wie sich herausstellte, war dieses Papier mit dem Titel „Massnahmen zur Krankheitsminderung bei der Bekämpfung einer Pandemie-Grippe“ Hendersons vorausschauendes Vermächtnis an die Zukunft. Wären wir seinem Rat gefolgt, hätte unser Land – ja, unsere Welt – seine katastrophale Reaktion auf Covid vermeiden können.
In diesem Monat jährt sich der Lockdown auf globaler Ebene zum vierten Mal. Und obwohl die Pandemie vorüber ist, leben ihre Folgen weiter. Die vom US-Gesundheitsestablishment verhängten Lockdowns führten dazu, dass Millionen junger Menschen ihre Ausbildung und soziale Entwicklung unterbrachen oder die Schule für immer verliessen. Psychische Gesundheitsprobleme nahmen erheblich zu. Ebenso wie Fälle von häuslicher Gewalt und Todesfälle mit Drogen durch Überdosierung.
Es hätte nicht so kommen müssen.
Letztes Jahr sagte Dr. Francis Collins, der Direktor der „National Institutes of Health“ während der Pandemie, auf einer Konferenz: „Wenn Sie ein Angehöriger des öffentlichen Gesundheitswesens sind, haben Sie diese enge Sichtweise darauf, was die richtige Entscheidung ist. Sie legen unendlich viel Wert darauf, die Krankheit zu stoppen und ein Leben zu retten. Sie legen keinen Wert darauf, ob dies tatsächlich das Leben der Menschen völlig durcheinander bringt [oder] die Wirtschaft ruiniert. Das ist eine Denkweise im öffentlichen Gesundheitswesen.“
Dr. Anthony Fauci, der oberste medizinische Berater des Präsidenten während eines Grossteils der Pandemie, wurde im Herbst 2022 gefragt, ob er sein Eintreten für Lockdowns bereue. Er sagte: „Manchmal, wenn man drakonische Dinge tut, hat das negative Nebenfolgen … für die Wirtschaft, für die Schulkinder.“ Aber, fügte er hinzu, „der einzige Weg, etwas abrupt aufzuhalten, ist zu versuchen, die Dinge herunterzufahren.“
Es ist kein Geheimnis, dass Faucis drakonische Empfehlungen weder das Virus aufhalten konnten, noch die Schulschliessungen Kinderleben retteten. Und die von Collins und Fauci vertretene Idee, dass es bei der öffentlichen Gesundheit um ein einziges Kriterium geht – das Stoppen einer Krankheit, ungeachtet der unbeabsichtigten Folgen – war eine Umkehrung der von D.A. Henderson vertretenen Prinzipien.
Bei der öffentlichen Gesundheit geht es, wie Henderson sehr wohl wusste, in hohem Masse um die Gesundheit der gesamten Gesellschaft. Sein Leben lang hatte er die Reaktionen der Menschen auf Pandemien beobachtet und dabei zwei wesentliche Dinge gelernt.
Erstens gab es Grenzen dessen, was getan werden kann, um eine Pandemie zu stoppen. Wie mir Dr. Tara O’Toole, eine enge Kollegin und eine seiner drei Co-Autorinnen dieses Artikels aus dem Jahr 2006, erzählte: „D.A. sagte immer wieder: ‚Man muss praktisch denken und bescheiden sein hinsichtlich dessen, was die öffentliche Gesundheit tatsächlich tun kann, insbesondere über längere Zeiträume.‘ Die Gesellschaft ist kompliziert, und man kann sie nicht kontrollieren.‘ “ (Obwohl sich das Papier mit der Grippe befasste, waren die Lehren daraus auf das anwendbar, was uns mit dem neuen Coronavirus bevorstand.)
Zweitens glaubte Henderson an einen gezielten Schutz der Kranken und medizinisch Gefährdeten und dass eine Überreaktion in Form einer Schliessung der Gesellschaft enormen Schaden anrichten würde, der schlimmer sein könnte als das Virus.
In seinem Papier von 2006 warnte Henderson das öffentliche Gesundheitswesen und politische Entscheidungsträger vor den kaskadierenden Auswirkungen eines „shutdowns“. Es ist eine unheimliche Beschreibung dessen, was 2020 geschah:
Die Schliessung von Schulen ist ein Beispiel. . . . wenn diese Strategie erfolgreich sein sollte, müssten auch andere Orte geschlossen werden, an denen sich Schulkinder versammeln: Kindertagesstätten, Kinos, Kirchen, Fast-Food-Läden, Einkaufszentren und Sportarenen. Viele Eltern müssten zu Hause bleiben und nicht arbeiten, um sich um ihre Kinder zu kümmern, was zu hohen Abwesenheitsraten führen könnte, die wichtige Dienste, einschliesslich der Gesundheitsversorgung, belasten könnten. Schulschliessungen werfen auch die Frage auf, ob bestimmte Teile der Gesellschaft gezwungen wären, einen unfairen Anteil der Last der Seuchenbekämpfung zu tragen. Ein erheblicher Anteil der Kinder aus Familien mit niedrigem Einkommen ist für die Grundversorgung mit Nahrungsmitteln auf Mahlzeitenprogramme der Schulen angewiesen.
Es geht mir nicht darum, mit meiner Blogwarnung vom 17. März 2020 recht gehabt zu haben. Aber das Thema beschäftigt die Gesellschaft ja heute noch. Das Vertrauen in Politik, Behörden, Wissenschaft und Medien ist beschädigt. Niemand von den damaligen Lockdown-Verantwortlichen an den Schalthebeln will eine Aufarbeitung der Geschichte, um daraus zu lernen. Und der Schweizer Mr. Lockdown, der ehemalige Gesundheitsminister Alain Berset, hat sich nach seinem Rücktritt aus dem Bundesrat zum Generalsekretär des Europarats befördern lassen.