„Woke“ Diskurs(in)toleranz: Ein bezeichnender Vorfall

An einer Veranstaltung des Liberalen Instituts vom 14. Oktober in Zürich zum Phänomen Javier Milei, dem libertären Staatspräsidenten von Argentinien, gab es anschliessend an ein Referat des Milei-Freundes, Buchautors und Professors Philipp Bagus einen Apero an runden Stehtischen. Neben mir fing ein mir unbekannter Mann aus dem Publikum spontan an, über die Ungerechtigkeit des marktwirtschaftlichen Kapitalismus zu argumentieren. Als „Beweis“ führte er den berühmten Film „1900“ des bekannt marxistischen italienischen Regisseurs Bernardo Bertolucci aus dem Jahr 1976 an.

Über den ersten Teil dieses zweigeteilten überlangen Films findet man auf Wikipedia folgendes Zitat aus dem Lexikon des internationalen Films: „….Interpretation der italienischen Geschichte seit der Jahrhundertwende. In faszinierenden, oftmals lyrisch inspirierten Bildern beschreibt der Film aus klassenkämpferischer Sicht die Lebensgeschichten von zwei Freunden, die auf demselben Landgut aufwachsen, der eine als Sohn der Herrschaft, der andere als Kind von Landarbeitern. Etwas schematisch werden die Hauptfiguren zu Exponenten sozialer und politischer Konflikte gemacht, in denen die Rollen im voraus verteilt und die Sympathien eindeutig zugeordnet sind.“

Dem Herrn, der den Film „1900“ als Beweis seiner Ansichten über die ungerechten Verhältnisse in kapitalistischer Gesellschaften vorbrachte, entgegnete ich: „Ein Film ist ein Film und nicht die Realität.“ Was ich danach weiter ausführen wollte: „Die Geschichte wird in Bertoluccis Film durch die Optik des marxistischen Regisseurs dargestellt. Dadurch entsteht ein einseitiges verzerrendes Abbild der Realität. Das ist als Ausdruck der künstlerischen Freiheit natürlich völlig in Ordnung. Aber man kann von einer solchen Perspektive keine der Objektivität verpflichtete Darstellung heutiger Verhältnisse erwarten.“

Inzwischen hatte der Mann jedoch unseren Tisch bereits verlassen und sich an einen Nebentisch begeben, bevor ich diese weiteren Argumente vorbringen konnte. Offenbar war ihm Widerspruch dieser Art nicht genehm. Dieses Verhalten der Diskursverweigerung steht beispielhaft für das typische intolerante Verhalten von Leuten der betreffenden ideologischen Überzeugungen.

Meine Sensibilität für das Thema ist beeinflusst durch Berichte über Untersuchungen zur unterschiedlichen Toleranz von Linken und Konservativen gegenüber den Ansichten der anderen Seite. Dazu schrieb mir der Microsoft Copilot: „…a study published on RedState indicates that conservatives are more tolerant of opposing viewpoints compared to liberals. The data shows that liberals are less likely to learn about, listen to, or be friends with those who hold opposing views“.