Ausstieg aus der Abstimmungs-„Arena“ zur Energiestrategie

Nachstehend genannte Teilnehmer(innen):

DL: Doris Leuthard, Bundespräsidentin, CVP
TB: Toni Brunner, Nationalrat SVP
IAe: Irene Aegerter, Dr.sc.nat., Physikerin
RN: Ruedi Noser, Ständerat FDP

1. DL gewinnt beim Publikum den Sympathiepreis und punktet in Sachen Glaubwürdigkeit bei den Vielen, die sich, um Zeit zu sparen, an (vermeintlichen) Autoritäten orientieren, obwohl das eine (sympathisch) mit dem anderen (glaubwürdig) sachlich nichts zu tun hat.

2. TB tut sein Möglichstes, was bei diesem Thema wohl nicht ganz reicht. Zudem fördert sein Auftritt den Eindruck „Alle gegen die SVP“, was die Aussichten des Referendums mindert.

3. IAe kommt kaum zu Wort. Der Moderator zeigt kein Gespür dafür, dass IAe in der Politrunde die einzige wirkliche Energieexpertin ohne wahlpolitische (oder gar kommerzielle) Interessen ist. Er verpasst es, von IAe interessante Informationen fürs Publikum zu gewinnen. Stattdessen wird IAe vom Moderator sofort unterbrochen, als sie eine kleine Pause beim Sprechen macht, sodass sie ihr Argument nicht zu Ende erläutern kann. Frustriert beklagt sie sich nach der Sendung beim Moderator, worauf der sagt, sie hätte sich halt mit Zwischenrufen bemerkbar machen müssen! Inkompetenz ortet den Fehler immer bei den Anderen.

4. Statt dass die TV-Macher einen „dissidenten“ FDP-Vertreter einladen, um dem falschen Eindruck „Alle gegen die SVP“ entgegenzuwirken, bringen sie Politschwergewicht RN als FDP-Befürworter. Das ist eine klare Fehlrepräsentation dieser Partei, weil sie gespalten ist und man längst weiss, dass in kantonalen Sektionen grosse Mehrheiten gegen das Energiegesetz sind und das Referendum unterstützen.

5. Als unser Service-Public-TV, ohne das die Schweiz bekanntlich auseinanderbrechen würde, dann noch Norwegen bringt, um damit zu „beweisen“, dass es ohne „Atomstrom“ und mit nur Erneuerbaren doch auch ginge, ist für mich der Moment gekommen, das Gerät auszuschalten. Norwegen als mögliches Vorbild für die schweizerische Strompolitik aufzuführen, ist schlicht und einfach purer Schwachsinn. Norwegen ist ein fast leeres, gebirgiges und extrem wasserreiches Land, fast achtmal so gross wie die Schweiz, jedoch mit bloss 5,2 Mio. Einwohnern und mit fast unbegrenzten Möglichkeiten für die Wasserkraft und auch gut geeignet für Offshore-Windkraft. Kein Wunder, deckt Norwegen 98% (!) seines Strombedarfs aus Wasserkraft.

In diesem Zusammenhang ist noch dies erwähnenswert: Norwegen ist energie- und klimapolitisch ungefähr das heuchlerischste Land auf der Welt. Es hat mit seinen Öl- und Gasvorkommen einen Staatsschatz unerhörten Ausmasses angehäuft und fährt ruhig weiter damit, will aber Benzinautos verbieten. Dabei wäre die aufrichtigste Klimapolitik eines Landes wie Norwegen, das an Klimaschutz à la Pariser Abkommen glaubt, die Fossilen im Boden zu belassen und auf seinen ölbefeuerten Wohlstand zu verzichten.

Fazit: Diese „Arena“ hat in ihrer typischen Oberflächlichkeit keine wirkliche Aufklärung über die Fakten und Zusammenhänge geliefert – einmal mehr, muss man sagen. Im Widerstreit zwischen Information und Unterhaltung entscheidet sich unser öffentlich-rechtliches Einschaltquoten TV trotz politischem Informationsauftrag lieber für die Unterhaltung.