Kampfflieger vors Volk?

Als vor rund drei Jahren das Gripen-Referendum beim Stimmvolk erfolgreich war und das Projekt abstürzen liess, konnte man angesichts der diversen Schwächen der Typenwahl für den Volksentscheid noch Verständnis aufbringen. Wenn aber bei der überfälligen Nachrüstung der Luftwaffe mit neuen Kampfflugzeugen jetzt schon prophylaktisch der Ruf nach einer Volksabstimmung laut erschallt, muss man sich fragen, ob denn künftig die Militär- und Rüstungspolitik durch das Stimmvolk gemacht werden soll. Gegenwärtig sieht es ganz danach aus, als sei damit zu rechnen, dass jedes grössere Rüstungsprojekt mit Referenden oder Volksinitiativen bekämpft werden soll. Das erfolgreiche Gripen-Referendum macht natürlich Mut zu mehr vom Gleichen und droht, zu einem Präzedenzfall zu werden, auf den man sich als Anhänger einer Landesverteidigung nach Volkes Stimme immer wieder berufen kann.

Mit der zunehmend erleichterten Sammlung von Unterschriften über bereits bestehende Internet-Plattformen sind wir schleichend auf dem Weg zu einer volksdemokratischen Vollversammlung. Man stelle sich nur mal vor, mit was für einem beschränkten Wissen über militär- und sicherheitspolitische Fragen und Zusammenhänge der Normalbürger verfügt! Daran ändert auch der Konsum der üblichen Häppchenberichte in den Boulevardmedien oder einer „Arena“-Sendung nichts. Und das stellt schliesslich etwa das Maximum dessen dar, was der normale Mensch mit seinen privaten Sorgen und Prioritäten hierzulande vor Abstimmungen an Informationsaufwand betreibt. Zudem ist nur eine Minderheit der Leute unbefangen genug, um sich überhaupt noch durch Sachargumente überzeugen zu lassen. Für die meisten sind die Meinungen zu neuen Kampfflugzeugen bereits gemacht  –  einerseits aufgrund von ideologisch geprägten Weltbildern. Anderseits wirken auch starke Vorurteile über den (angeblich mangelnden) Nutzen neuer Kampfflugzeuge. Viele Menschen haben zwar militärpolitisch keine Ahnung, und trotzdem vertreten sie unverrückbare Meinungen zum Thema. So liest man etwa in News-Blogs oft, das Geld sollte besser für die Unterstützung von Familien oder für andere Umverteilungszwecke ausgegeben werden.

Die ideologische Überhöhung der direkten Demokratie hat inzwischen ein Ausmass erreicht, dass man selbst in seriösen Medien vorwurfsvoll klingende Sätze liest wie: „Bundesrat und Parlament wollen die Kampfflugzeugbeschaffung am Volk vorbeischmuggeln.“ Dass ausgerechnet die reiche Schweiz um die Bereitstellung des klassischen öffentlichen Gutes „innere und äussere Sicherheit“ ein derartiges plebiszitäres Theater veranstaltet, wird natürlich auch im Ausland zur Kenntnis genommen. Tatsache ist: Ein Land, dessen Bevölkerung nicht mehr willens ist, eine glaubwürdige Verteidigungsarmee zu unterhalten, wird auf der Welt nicht ernst genommen.