Die neuen meinungsmächtigen Eliten ticken links

So wie in den USA, läuft es auch bei uns

Am 29. Dezember 2022 erschien in der NZZ mein Artikel mit dem Titel *Klimapolitik und der neue Moraladel“. Dort kommentierte ich Ergebnisse der Referenden über das Energiegesetz (Mai 2017) und über das CO2-Gesetz (Juni 2021). Akademisch Gebildete hatten den von links-grüner Ideologie getränkten „Energiewende-Gesetzen“ in beiden Volksabstimmungen mit dem weitaus höchsten Ja-Anteil aller Bildungskategorien zugestimmt.

Zu dieser politisch-ideologischen Verschiebung der Eliten in den Sektoren der „knowledge economy“ nach links bieten die USA harte Daten zu Parteiverschiebungen nach sozio-ökonomischen Kriterien. In der Demokratischen Partei dominieren heute ganz andere Bevölkerungsgruppen als früher. Das hat auch massive Auswirkungen auf die finanzielle Unterstützung der Parteien. Ich zitiere aus einem Artikel auf der Plattform „The Liberal Patriot“ (Hervorhebungen durch Fettschrift von mir):

Two decades ago, sociologists Jeff Manza and Clem Brooks observed that “professionals have moved from being the most Republican class in the 1950s, to the second most Democratic class by the late 1980s and the most Democratic class in 1996.” This consolidation has only grown even more pronounced in the intervening years. As professionals have increasingly clustered in the Democratic Party, moreover, they’ve grown increasingly progressive, particularly on “cultural” issues surrounding sexuality, race, gender, environmentalism—and especially when compared with blue-collar workers.

Federal Election Commission campaign contribution data provides stark insights into just how strongly knowledge economy professionals have aligned themselves with the Democratic Party in recent cycles. In 2016, roughly nine out of ten political donations from those who work as activists or in the arts, academia, and journalism were given to Democrats. Similarly, Democrats received around 80 percent of donations from workers involved in research, entertainment, non-profits, and science. They also received more than two-thirds of donations from those in information technology, law, engineering, public relations, or civil service jobs. Among industries that skewed Democratic, the party’s highest total contributions came from lawyers and law firms, environmental political action committees, non-profits, the education sector, the entertainment sector, consulting, and publishing.

Similar patterns held in 2020: the occupations and employers with the largest number of workers who donated to the Biden-Harris campaign included teachers, educators and professors, lawyers, medical and psychiatric professionals, people who work in advertising, communications and entertainment, consultants, human resources professionals and administrators, architects and designers, IT specialists and engineers. Industries that provided the highest total contributions to the Democrats included securities and investment, education, lawyers and law firms, health professionals, non-profits, electronics companies, business services, entertainment, and civil service. Geographically speaking, Democratic votes in 2020 were tightly clustered in major cities and college towns where knowledge economy professionals live and work—and outside those zones, it was largely a sea of red.

The alignment of knowledge economy professionals with the Democratic Party has also shifted the socioeconomic composition of the Democratic base. To give some perspective of how much has changed: in 1993 the richest 20 percent of congressional districts were represented by Republicans over Democrats at a ratio of less than two to one. Today, they tilt Democratic by nearly five to one. 

Diese ideologisch-politische Verschiebung der zahlenmässig wachsenden akademischen Elite nach links sieht man in der Schweiz auch in der Leichtigkeit, mit welcher linke Gruppierungen heutzutage Finanzen und Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden zusammenbringen.

Banken als Hüter höherer Klimamoral

Die Deutsche Bank und andere Finanzinstitute wollen die Kreditvergabe an CO2-lastige Unternehmen mit ungenügenden CO2-Reduktionszielen erschweren oder gar einstellen. Dazu und zum grösseren Rahmen um dieses Thema befragte mich das Online-Radio Kontrafunk am 30. November 2023. Hören Sie das Gespräch hier:

Mein kurzes Intermezzo mit SP-Bundesratskandidat Jon Pult

Vor den Eidgenössischen Wahlen im Herbst 2019, als Jon Pult für den Nationalrat kandidierte, hatte ich die Ehre, im bündnerischen Tiefencastel gegen Pult auf einem SP-Podium zum Thema Klimawandel anzutreten. Aufgrund verschiedener kritischer klimapolitischer Beiträge in den Medien hatte ich mir offenbar den Ruf eines Klimaskeptikers erworben. Ein Mann im Publikum äusserte in der anschliessenden Diskussion sogar den Verdacht, es könnte sich bei mir um einen Klimaleugner handeln. Wie dem auch sei, für eine kontroverse Veranstaltung mit Kandidat Pult war ich ein grundsätzlich geeigneter Antipode.

Im Verlauf der Podiumsdiskussion fiel mir auf, dass Pult auf jede Frage, zu jedem Thema fliessend und ohne anzustossen eine geschmeidig, mit unerschütterlicher Überzeugung vorgetragene Meinung zum Besten gab. Die Äusserungen klangen oft wie auswendig gelernte Formulierungen aus einem ausführlicheren Parteiprogramm. Nachdem ich meinen Part als Kontrahent gespielt hatte, wagte ich gegen Ende des Podiums schliesslich eine wenig riskante Wahlprognose. Ich prophezeite Pult eine sichere Wahl zum Nationalrat. Seine rhetorische Gabe, auf alles und jedes eine fertig formulierte Antwort oder Meinung zu haben, prädestiniere ihn zum erfolgreichen Politiker.

Politische Schnellschüsse gegen steigende Mieten

Der unsinnige Referenzzinssatz ist nicht tot zu kriegen

Es herrscht aktuell hektische Aufregung um drohende Mietzinserhöhungen wegen der erstmaligen Erhöhung des sogenannten Referenzzinssatzes seit seiner Einführung im Jahr 2008.

Auf „statista“ wird der Referenzzinssatz so erklärt:
„Für Mietzinsanpassungen aufgrund von Änderungen des Hypothekarzinssatzes gilt seit dem 10. September 2008 für die ganze Schweiz ein einheitlicher Referenzzinssatz, der vierteljährlich veröffentlicht wird. Er stützt sich auf den hypothekarischen Durchschnittszinssatz der Banken und ersetzt den in den Kantonen früher maßgebenden Zinssatz für variable Hypotheken…. Der Referenzzinssatz betrug bei seiner Einführung im September 2008 3,5 Prozent und ist seitdem kontinuierlich gefallen, da auch die Zinsen gefallen sind. Seit März 2020 lag er auf seinem bisherigen Tiefststand von 1,25 Prozent. Die Steigerung auf 1,5 Prozent im Juni 2023 war die erste seit seiner Initiierung… Beim Fallen des Referenzzinssatzes können Mieter eine tiefere Miete verlangen, beim seinem Steigen können Vermieter die Miete anheben – sofern im Mietvertrag der jeweils aktuelle Zinssatz gilt. Das bedeutet: Bei Anpassungen des Referenzzinssatzes können die Mieten erhöht werden – aber nur, wenn auch frühere Senkungen weitergegeben wurden.“ 

So sieht die Entwicklung seit 2008 aus:

Quelle: Webseite Livit AG (https://www.livit.ch/de/referenzzinssatz)

Wie stets in solchen Fällen wird das Problem der finanziellen Tragbarkeit von Mietzinserhöhungen „pauschalisiert“, wie wenn diese Entwicklung alle betreffen würde. Schon gibt es politische Vorstösse zur generellen Deckelung von Mietzinserhöhungen nach dem „Prinzip Giesskanne“. Der Bundesrat hat bereits mögliche konkrete Massnahmen angekündigt. Vermieter sollen Kostensteigerungen und die Teuerung nur noch begrenzter als bisher auf die Mieter überwälzen dürfen. Sicher wird aus dem gegenwärtigen politischen Aktivismus schliesslich irgendeine Form der sozialen Abfederung resultieren. Man bewegt sich damit opportunistisch immer mehr in Richtung der politischen Forderungen, das Wohnungswesen“ dem Markt zu entziehen“.

Doch wie sieht die Situation aus ökonomischer Sicht aus? Dazu zuerst die „Mechanik“ gemäss Medienmitteilung des Bundesrates vom 1. September 2023: „Basiert der Mietzins auf einem Referenzzinssatz von 1,25 Prozent, ergibt sich grundsätzlich für die Vermietenden gemäss Mietrecht ein Erhöhungsanspruch des Mietzinses im Umfang von 3 Prozent.“

Seit dem Stand von 3,5 Prozent im Jahr 2008 hätten Mieter(innen) bei der stufenweisen Senkung um jeweils 0,25 Prozent eine Mietpreissenkung von 3 Prozent verlangen können. Sollte dieses Verhältnis grundsätzlich gelten, wäre bis zum Tiefststand von 1,25 Prozent maximal eine Mietzinsreduktion von 27 Prozent möglich gewesen. Sicher wurden diese Möglichkeiten nicht voll ausgeschöpft, doch ist davon auszugehen, dass vor allem institutionelle Vermieter (Versicherungen, Pensionskassen etc.) freiwillig Mietzinse nach unten anpassten. Der allgemeine Anstieg der Mieten wurde dadurch gedämpft.

Die 15 Jahre seit der Einführung des Referenzzinssatzes waren eine Periode des starken Bevölkerungswachstums durch Zuwanderung und, damit einhergehend, der Verknappung von Wohnraum. Das Angebot an Wohnungen konnte der Nachfrage nicht genügend folgen, um den Preisdruck zu dämpfen. Ausgerechnet in einer solchen Zeit der Verknappung mussten nun Mietzinsen gegen die Marktkräfte gesenkt werden. Dies trug unter anderem auch dazu bei, dass in den Städten die bereits grosse Preisdiskrepanz zwischen privilegierten Bestandes- oder Altmieten und Neuvermietungen noch weiter zunahm.

Nachdem die Mieterseite über 15 Jahre in einer Zeit der Angebotsverknappung dank der Anbindung an den sinkenden Referenzzinssatz von gedämpften Mietzinsen profitiert hat, kommt jetzt bei der ersten leichten Erhöhung von 1,25 auf 1,50 Prozent sofort die Forderung nach staatlichen Eingriffen. Das marktwidrige Instrument des Referenzzinssatzes wird also nur akzeptiert, wenn dieser nach unten geht. Sobald die Richtung kehrt, soll die Politik eingreifen.

Der aktuelle politische Aktivismus „gegen den Markt“ ist nicht zuletzt eine eindrückliche Demonstration, wie untauglich der Referenzzinssatz in der praktischen Anwendung ist.

„Es gibt keine automatische grüne Wirtschaftsrevolution“

„Der Sachverständigenrat sieht schwarz für die Zukunft der deutschen Wirtschaft“ hiess es kürzlich in Gabor Steingarts Morning Briefing. Die Überschrift über diesem Beitrag nahm ich auch von dort. Ich zitiere hier nur das Wesentliche:

„Die Dekarbonisierung ist eine Jahrhundertaufgabe: Die grüne Transformation der Wirtschaft erfordert aber genau dafür gigantische Investitionen. Der Sachverständigenrat rechnet selbst in einem Szenario mit wenig ambitionierter Klimapolitik bis zum Jahr 2045 mit einem realen Investitionsvolumen für diese Transformation von bis zu 607 Milliarden Euro.

Dieses Geld braucht man, um den bislang mit fossilen Energieträgern betriebenen energieintensiven Kapitalstock zu ersetzen. Aber durch den Austausch der Energieträger entsteht noch keineswegs eine höhere Wertschöpfung, also effizientere oder bessere oder günstigere Produkte, womit dieser Transformationsprozess keineswegs automatisch zur Stärkung des Wirtschaftswachstums beiträgt.“

So viel zu den grünen Netto-null-Träumereien in Deutschland und hierzulande.

Subtiler Klimaalarmismus auf Radio SRF

Dieser Text erschien unter dem Titel „Panikmache in Endlosschleife“ in der Weltwoche Nr. 46/23 vom 16. November 2023

Radio SRF bemüht sich redlich, in Sachen Klimawandel das bisherige Alarmierungsniveau möglichst aufrecht zu erhalten. Unter dem Titel „Klimawandel: Die Kosten laufen aus dem Ruder“ informierte der SRF-Wissenschaftsjournalist Klaus Ammann über den neusten Bericht des UNO-Umweltweltprogramms (UNEP). Gemäss den Autoren dieses Berichts sind die geschätzten notwendigen Kosten der Anpassung an den Klimawandel in jüngerer Zeit stark gestiegen. Der Bericht nennt Aufwendungen von jährlich 200 bis 400 Milliarden Dollar, Tendenz steigend. Heute werde aber nur ein kleiner Bruchteil davon tatsächlich zur Verfügung gestellt, mahnte UNEP-Direktorin Inger Andersen.

Adressaten dieser Botschaft sind natürlich die reichen westlichen Länder. Im UNEP-Bericht wird erklärt, wie Kosten und Schäden konzeptionell geschätzt werden. Dort heisst es, trotz unterschiedlicher möglicher Konzepte sei Gerechtigkeit ein wichtiges Thema. Eine Gerechtigkeitsperspektive mache darauf aufmerksam, dass Verlust und Schaden nicht allein das Ergebnis von Klimagefahren seien, sondern auch durch unterschiedliche Verletzlichkeit beeinflusst würden. Diese sei oft durch gesellschaftspolitische Prozesse verursacht, darunter Rassismus und eine Geschichte des Kolonialismus und der Ausbeutung.

Durch die Brille des Politökonomen sieht man den UNEP-Bericht kritischer als Radio SRF. Das beginnt damit, dass man die Herkunft und Positionen der einleitend aufgeführten „authors“ und „reviewers“ genauer anschaut. Erkennbar ist eine Blase von gleich getakteten Personen, UNO-typisch viele aus oder mit Beziehung zu Entwicklungsländern – ein Urteil, das keine Aussage über fachliche Kompetenz darstellt. Zudem ist das UNEP selbst ein politischer Akteur, der seiner Bestimmung gerecht werden will. Das wissen auch die Autoren einer solchen Studie.

Riesiges Umverteilungsprogramm

Das Hauptanliegen des UNEP-Berichts zielt auf ein riesiges finanzielles Umverteilungsprogramm zugunsten armer Länder auf Kosten der reichen westlichen Staaten. Die Entwicklungsländer seien darauf angewiesen, dass die wohlhabenderen Länder sie unterstützten, heisst es in der SRF-Sendung. So ist es auch nur logisch, dass dort keine kritischen Stimmen, sondern nur die üblichen Entwicklungs-NGO zu Wort kommen. Eine Beraterin für Klimaanpassung beim Hilfswerk Helvetas sagt: “Wir sehen in den Ländern, in denen wir tätig sind, dass die Menschen den Klimaereignissen schutzlos ausgeliefert sind. Nehmen wir das Beispiel einer Schneiderin in Bangladesch: Sie hat eine Nähmaschine auf Kredit gekauft und arbeitet mit dieser. Eines Tages kommt eine grosse Flut und zerstört ihr Haus und auch ihr Arbeitsgerät, die Nähmaschine. So hat sie nicht nur keine Existenzgrundlage mehr, sondern sie sitzt auch noch auf Schulden.“

Mit Bangladesh ist das „Framing“ für das breite Publikum gesetzt: Bangladesh, ist das nicht das Land, wo diese Tropenstürme und Überschwemmungen immer wieder so viel Unheil anrichten? Dann appelliert die Geschichte der bedauernswerten Schneiderin, einem wahrscheinlich fiktiven Einzelschicksal, an die Betroffenheit von uns Verschonten. Die Helvetas-Beraterin kann damit rechnen, dass in der hiesigen Bevölkerung das grosse Bild aus verlässlichen Daten über Stürme und Überflutungen in Bangladesh nicht bekannt ist. Gemäss Statista gibt es bei der Anzahl der von Naturkatastrophen betroffenen Menschen in den Jahren 2000 bis 2020 zwar keinen klaren Trend. Dank Massnahmen der Anpassung sind jedoch in Bangladesh die Opferzahlen über die Jahrzehnte gesunken, und dies trotz hohem Bevölkerungswachstum und einer inzwischen extremen Dichte der Bevölkerung. Bangladesh hat auf einer Fläche, die nur dreieinhalbmal so gross ist wie die Schweiz, über 170 Millionen Einwohner, also zwanzig mal die Schweiz.

Gescheiterte Entwicklungshilfe als abschreckendes Muster

Wenn nun Radio SRF einfach die UNEP-Sicht plus Ansichten einer Helvetas-Beraterin vermittelt, ohne eine Einordnung in einen grösseren Rahmen zu liefern, ist der Verdacht auf eine bestimmte politisch-ideologische Motivation naheliegend. Der grössere Rahmen wäre bei einem solchen Umverteilungsprogramm auch naheliegend. Der Wirtschafts-Nobelpreisträger Angus Deaton hat über die traditionelle Entwicklungshilfe gesagt, diese Hilfe habe Afrika nicht wohlhabender, sondern ärmer gemacht.

Der Grund dafür ist längst bekannt. Es sind die fehlenden ausgebildeten wohlstandsfördernden Institutionen: funktionierender Rechtsstaat mit geschützten privaten Eigentumsrechten, Vertragsfreiheit, demokratische Machtteilung gegen kleptomanische Eliten, Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb, Schutz vor staatlicher Willkür durch eine korruptionsfreie staatliche Verwaltung mit klar begrenzten Machtbefugnissen. Es ist nicht einzusehen, weshalb das von der UNEP geforderte, im Ausmass völlig unrealistische Umverteilungsprogramm unter unveränderten institutionellen Verhältnissen in den Empfängerländern nicht dasselbe ernüchternde Schicksal erleiden sollte wie die bisherige westliche Entwicklungshilfe.

Klimapropaganda im Lichte der harten Realitäten

Die links-grüne Klimapropaganda will den Leuten weis machen, dass die „Energiewende“ mit dem inzwischen gesetzlichen Ziel „netto null 2050“ nur wenig kostet. Und nicht nur das. Es werden Innovationen angestossen, die Wirtschaft wird angekurbelt, und es werden Arbeitsplätze geschaffen. Und am Ende, im ominösen Jahr 2050, ist die Schweiz auf ihrem „leuchtend grünen Pfad“ am Ziel – mit erneuerbarer Energie sicher versorgt, und das erst noch günstiger als heute.

Dass auch die offizielle Politik, von grüner Ideologie durchtränkt, dem Volk diese schöne Geschichte erzählt, ist verständlich, denn fast alle Schulabgänger verlassen die obligatorische Schulzeit, ohne je etwas von Opportunitätskosten gehört zu haben. Auch des Konzept der Mitnahmeeffekte kommt im Lehrplan nicht vor, so dass die Leute nie auf den Gedanken kommen, dass unsere Fördermittel für den Umbau in der Lieferkette rückwärtslaufend auch bei chinesischen Lieferanten landen könnten, weil sie ihre Preise dank unseren Subventionen nach oben anpassen.

Wenn Solarpanels dank dem vorwiegend chinesischen Technologiefortschritt immer noch billiger werden, fällt das nur bescheiden ins Gewicht, macht aber als oberflächliches Argument Eindruck. Eine Energieversorgung mit fast nur noch Erneuerbaren (Solar, Wind, Wasser) ist aber etwas völlig anderes als der Energiemix, den wir heute haben.

Die Transformation, so sie überhaupt in der geplanten Frist gelingen kann, würde enorme Tranformationskosten verursachen, weil das ganze System (Infrastrukturen, Netze, Speicher, Back-up-Kapazitäten) in knapp einem Vierteljahrhundert umgebaut werden müsste. Das ist nicht nur extrem kostspielig, weil durch den Verzicht auf ein funktionierendes System hohe Opportunitätskosten anfallen. Es verlangt auch für längere Zeit einen starken Rückgriff auf fossil gewonnene Energie.

Das sieht man allein schon daran, dass im Weltmassstab trotz dem hohen Zubau an Erneuerbaren, der Verbrauch von nicht Erneuerbaren (fossilen) seit „Paris 2015“ praktisch im gleich Ausmass gestiegen ist, wie einer Grafik aus einem kürzlichen Referat des US-amerikanischen Politikwissenschafters Roger Pielke jr. zu entnehmen ist:

Seit dem Klimaabkommen von Paris im Jahr 2015 bis Ende 2022 verzeichnete die Welt 30,5 EJ fossilen Mehrverbrauch. Der Konsum von CO2-freier Energie hat in dieser Zeit um fast den gleichen Betrag, nämlich 30,7 EJ, zugenommen. Der Zubau von Erneuerbaren und der Abbau von fossilen Energien findet nicht gleichzeitig durch sofortigen Ersatz statt. Es braucht zuerst mehr fossile Energie, um den Umbau zu Erneuerbaren zu ermöglichen. Für ärmere Länder ist fossile Energie immer noch der günstigste Weg zu Wachstum und Entwicklung, speziell, wenn sie eigene Vorkommen abbauen können. Aber auch die Produktion der riesigen Mengen an Hardware für die Erneuerbaren, die überwiegend aus China kommt, braucht vom Abbau von Rohstoffen in Minen bis zur Inbetriebnahme in den Abnehmerländern grosse Mengen fossiler Energie, und das dürfte noch lange Zeit so bleiben.

Die Grafik zeigt noch zwei weitere interessante Punkte: Erstens wurde der Corona-Einbruch bei den Fossilen im Jahr 2020 im Jahr darauf wieder mit einem hohen Anstieg voll kompensiert. Die Welt war zurück auf dem alten Aufwärtstrend. Und zweitens sieht man ganz rechts, wie viel Wunschdenken in der „netto null 2050“-Politik steckt. Die grüne und die schwarze Säule zeigen, welcher enorme jährliche Zuwachs an Erneuerbaren (grün) bzw. welcher unrealistische Abbau an fossiler Energie (schwarz) jährlich nötig wäre, um 2050 netto null CO2 zu erreichen. Und zwar ab sofort. Warum das nicht gehen kann? Siehe Erläuterungen weiter oben.

Dieser Text erschien am 11. Oktober leicht redigiert in der gedruckten Ausgabe von „Finanz und Wirtschaft“.

Die grossen grünen Illusionen

Die schweizerische Klima- und Energiepolitik ist unter dem Einfluss grüner Ideologie mithilfe einer akademisch gebildeten meinungsmachenden Elite in Medien, Wissenschaft und Kultur auf einen Pfad der Illusionen eingeschwenkt.

Im Wahlprogramm «Agenda 2023–2027» der Grünen Partei der Schweiz (GPS) thront über allem als oberstes Mobilisierungsthema die «Klimakrise». Das grüne Herz schlägt für die Zukunft des Planeten, nicht für die akuten Herausforderungen der Schweiz. Die Politik auf unrealistische Ziele wie «1,5 Grad» und «netto null 2050» auszurichten, ist eine Garantie für Misserfolg. Den Grünen geht es dennoch zu wenig schnell. Das Utopische wird vollends klar, wenn man die Perspektive auf die Welt ausdehnt. Trotzdem meinen viele Leute, weil die Grünen am lautesten vor der «Klimakrise» warnten, hätten sie auch die richtigen Rezepte. Das ist die grosse grüne Lüge.

Illusionäre Erwartungen

Auf den Wahlplakaten der Grünen steht: «Für Klimaschutz und Versorgungssicherheit». Die grüne «Agenda 2023–2027» ist aber ein Programm, wie man zu höchsten Kosten «für das Klima» nichts erreicht, aber die Versorgungssicherheit aufs Spiel setzt.

Vom Energy Science Center (ESC) der ETHZ erhalten die Grünen Schützenhilfe. Das ESC stützt seit je mit seinen der offiziellen Politik verpflichteten Studien den Glauben an eine sichere kernenergiefreie klimaneutrale Energieversorgung mit erneuerbaren Energien.

Die postulierte technische und wirtschaftliche Machbarkeit hängt aber von so vielen Bedingungen ab, dass zwingend ein Plan B nötig wäre. Wenn die Grünen auf dem eingeschlagenen Irrweg noch rabiater vorangehen wollen als die offizielle Politik, ist die Versorgungssicherheit umso akuter gefährdet.

Da die Grünen die Kernenergie fundamentalistisch ablehnen, fordern sie einen umso massiveren Ausbau der Erneuerbaren Solar, Wind und Wasser. Deren Produktion verläuft aber saisonal gegenläufig zur Stromnachfrage, und dies erst noch im gleichen Takt wie in Nachbarländern. Die Speicherung von sommerlichen Stromüberschüssen zur Beseitigung der massiven Winterstromlücke würde Speicherkapazitäten benötigen, die jegliche Vorstellung sprengen.

Grünes Wunschdenken sind auch die Hoffnungen auf hohe Stromimporte oder auf den raschen Ausbau der Übertragungsnetze. Der Heiligenschein der Erneuerbaren würde an Strahlkraft verlieren, wenn das ungelöste Problem der Entsorgung enormer Mengen an toxischem Müll aus Solar- und Windinfrastrukturen sowie Batterien die gleiche Aufmerksamkeit erhielte wie der Atommüll.

Zudem ist die Abhängigkeit von China – das bei Technologien, Rohstoffen und Produkten eine dominante Stellung hat – viel einseitiger als die Abhängigkeit von Produzentenländern fossiler Energieträger oder von Uran für die Kernenergie.

Schlagworte

Die Grünen sind auch die lautesten Propagandisten, wenn es um die Austrocknung der Finanzmittel für Exploration und Produktion fossiler Energieträger geht. Man bietet den Leuten plausibel erscheinende Argumente: Wir erschweren die Kreditvergabe für die Kohle-, Öl- und Gasindustrie, und dann gehen die CO2-Emissionen zurück. Die volkswirtschaftlichen Wirkungsketten auf internationalen Finanz- und Energiemärkten sind jedoch so komplex, dass solche Massnahmen auch das Gegenteil des Erhofften bewirken könnten.

Ambitionierte grüne Klimapolitik hat nicht nur deshalb nichts mit Klimaschutz zu tun, weil unser Land so klein ist, sondern weil sie technische, wirtschaftliche und politische Gesetzmässigkeiten missachtet und stattdessen mit Schlagworten an das Gewissen der Leute appelliert. Auch hier machen sich die Grünen Illusionen. Wenn die Landschaft mit Windrädern und Solarpanels verunstaltet werden soll und wenn die Kosten grüner Politik spürbar auf Haushalte und Firmen durchschlagen, machen die Leute einfach nicht mehr mit.

Dieser Text erschien am 29.September auf nzz.ch. In der gedruckten NZZ-Ausgabe wurde der Beitrag in der Rubrik „Tribüne“ publiziert.

Woke im Quadrat

Vor dem Berliner Polizeipräsidium weht die Regenbogen-Flagge

Bildquelle: „Achtung Reichelt“ auf Youtube

Heute zur Abwechslung mal kein Klima- oder Energiethema. Aber für volldaneben.ch auf jeden Fall passend!

Am 13. Juli hisste die Berliner Polizei vor ihrem Präsidium die Regenbogen-Flagge. Anwesend war, wen wunderts, der Berliner Queer-Beauftragte Alfonso Pantisano, der auch eine Ansprache hielt (im Bild links). Dieser verklagte den Journalisten Julian Reichelt wegen „Volksverhetzung“, weil Reichelt in den sozialen Medien die Aktion kritisiert hatte.

Die Woke-Ideologie zerfrisst unsere freiheitliche Gesellschaft, wenn wir nicht aufpassen. Der Opportunismus in Politik, Medien, Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur ist beängstigend – auch bei uns. Eine akademisch verbildete Minderheit zwingt der Mehrheit ihre Ideologie auf.

Und schliesslich: Möchten Sie sich von einer solchen Polizei, wie sie auf dem Bild oben in Erscheinung tritt, beschützen lassen?

Kernenergie in den USA: im Aufwind, aber gegen Widerstand

Eine Gallup-Umfrage vom letzten Jahr unter dem Titel „Unterstützung der Amerikaner für die Kernenergie“ zeigte auch bei diesem Thema das übliche Bild einer gespaltenen Gesellschaft. 51 Prozent der befragten Erwachsenen gaben an, sie seien sehr oder eher für Strom aus Kernkraft. Beinahe die Hälfte ist demnach grundsätzlich gegen die Kernenergie.

Aufschlussreich sind die Ergebnisse nach Kategorien. Eine sehr grosse Diskrepanz gibt es zwischen den Geschlechtern. 63 Prozent der befragten Männer sind pro Kernenergie, während es bei den Frauen bloss 39 Prozent sind. Ähnliche Geschlechterdifferenzen kennen wir bei ideologisch aufgeladenen Themen auch in der Schweiz. Zwischen den Alterskategorien gibt es ebenfalls Unterschiede. Die über 55-Jährigen zeigen die höchste Zustimmung (57 Prozent pro Kernenergie).

Die Ergebnisse nach Bildungsgrad interessieren besonders, weil wir aus der VOTO-Studie zum Referendum über das Energiegesetz vom Mai 2017 vergleichbare schweizerische Daten haben. Diese Abstimmung war bekanntlich auch eine „Atomausstiegs-Abstimmung“, weil das Gesetz im Anhang ein Neubauverbot für Kernkraftwerke enthält. In den USA sind Hochschulabgänger gemäss Gallup-Umfrage kernenergiefreundlicher als Leute ohne Hochschulbildung (57 Prozent zu 45 Prozent pro Kernenergie). Dagegen erhielt das Energiegesetz mit „Atomausstieg“ von den Stimmenden mit Hochschulabschluss bei weitem die höchste Unterstützung, nämlich 74 Prozent gegenüber nur 45 Prozent Zustimmung von der untersten Bildungskategorie. Über die Gründe dieses Kontrasts zwischen den USA und der Schweiz liesse sich bloss spekulieren. Ein Unterschied besteht darin, dass die Gallup-Umfrage die ganze erwachsene Bevölkerung abbildet, während die VOTO-Umfrage nur die Leute erfasst, die abgestimmt haben, also nur rund 42 Prozent der Stimmberechtigten.

Das pikanteste Resultat der Gallup-Umfrage ist aus schweizerischer Sicht nicht überraschend. Denn auch bei uns kennt man die eklatanten Widersprüche grüner Politik, wenn es um die Kernenergie als praktisch CO2-freie Stromproduktion geht. In den USA lehnen ausgerechnet die Leute, die sich am meisten Sorgen um die Folgen des Klimawandels machen, die Kernenergie mit der grössten Mehrheit ab. Nur 34 Prozent der Befragten waren pro Kernenergie. Anderseits waren 70 Prozent derjenigen, die sich kaum oder gar keine Sorgen um den Klimawandel machen, für die Kernenergie.

Also genau wie bei uns. Wer die Ablehnung der Kernenergie zum mobilisierenden Markenzeichen gemacht hat, wie links-grüne Parteien und NGO, hat grösste Mühe, sich von überholten Vorurteilen zu verabschieden, selbst wenn sich grundlegende Fakten geändert haben. Kernenergie hat in Zeiten der CO2-Reduktion einen besonders hohen Stellenwert, was weltweit – mit Ausnahme Deutschlands und der Schweiz – zu einer Neubeurteilung der Kernenergie geführt hat. In der Schweiz sind politische Kurswechsel allerdings besonders schwierig, weil Bundesrat und Parlament stets den Risiken von Volksinitiativen oder Referenden ausgesetzt sind, was den Reformeifer in wichtigen Dossiers beträchtlich bremst.