In der Reha-Klinik in Dussnang (Kanton Thurgau) zeigen sich erste bescheidene Erfolge: Gehen am Stock in kleinen Schritten. Ein Teil meiner Lebensenergie wird aber weiterhin für die Genesung vom Velosturz abgezweigt. Deshalb erlaube ich mir ein Intermezzo mit einem kurzen politischen Ratespiel.
In einem kürzlich publizierten Blog-Beitrag "Ein Land Im Partizipationsfieber" kommentierte ich das Projekt "Bevölkerungsräte" des Zentrums für Demokratie Aarau ZDA. Als eines der Hauptziele von "Bevölkerungsräten" nannten die Initianten eine höhere politische Partizipation. "Bevölkerungsräte" wurden mit der Erwartung verbunden, sie könnten dazu beitragen, die niedrige Stimmbeteiligung zu erhöhen. Doch wozu noch mehr halboffizielle Institutionen ohne Wirkungsnachweis, wenn wir doch in der Schweiz ein Beispiel dafür haben, welch einfache Massnahme die Stimmbeteiligung nachhaltig in die Höhe treiben kann?
Heute erlaube ich mir aus aktuellem Anlass eine People-Story, die mich selbst betrifft. Ich muss sie selber schreiben, weil die auf People spezialisierten Medien meinen Rennvelosturz einfach übergangen haben. Seit meinem selbstverursachten Unfall in 8733 Eschenbach SG sind heute Sonntag zehn Tage vergangen. Rücken und Kopf blieben gottseidank unversehrt, aber eine kleine Hirnerschütterung dürfte es schon abgesetzt haben. Das ist auch eine hoffentlich akzeptable Begründung für meine Entscheidung, mich mit dem heutigen Blogbeitrag geistig nicht zu überfordern.
Auf überschiessenden Altruismus trifft man bei vielen politischen Themen mit einem gewissen Sprengpotenzial durch Moralisierung. In der Schweiz gibt es gerade wieder Lärm um liberalere Regelungen für Sonntagsverkäufe in grösseren Städten mit Touristen. In Italien sind viele Geschäfte, Shopping Centers und Outlets an Sonntagen selbstverständlich geöffnet. Dagegen mauern unsere Gewerkschaften beim Thema liberalerer Ladenöffnungszeiten jeweils mit Tränendrüsenargumenten über gestresste und ausgenützte Verkäuferinnen und Kassierinnen, erwartungsgemäss auch jetzt gegen den Vorstoss für eine Liberalisierung des Sonntagsverkaufs.
Aus den Medien erfuhr man, dass ein "Bevölkerungsrat 2025" die Einführung eines nationalen Gesundheitsgesetzes befürworte. Es geht um ein Projekt der Universitäten Zürich und Genf in Kooperation mit dem Zentrum für Demokratie Aarau. In diesem Projekt debattierte ein zufällig ausgeloster Querschnitt der Schweizer Bevölkerung, bestehend aus 100 Personen ab 16 Jahren, über Reformvorschläge im Gesundheitswesen. Nach mehreren Diskussionstagungen in den vergangenen Monaten verabschiedete der Bevölkerungsrat 2025 am letzten Märzwochenende Reformvorschläge. Doch brauchen wir in der Schweiz wirklich "Bevölkerungsräte"?
Es ist längst eine Binsenwahrheit, dass die Erhöhung des Rentenalters die wirksamste Massnahme ist, um dem demografischen Druck in einem Rentensystem zu begegnen. Diese Erkenntnis ist schon in zahlreichen Ländern angekommen, auch in der Schweiz. Aber wie geht die Politik damit um? Viele OECD-Länder beschlossen eine Erhöhung des gesetzlichen Rentenalters. In der Schweiz sind sowohl die Erhöhung des Rentenalters als auch Einsparungen bei der AHV in der Bevölkerung tabu.