Den Anstoss zu diesem Text gaben Meldungen, economiesuisse, der Dachverband der Wirtschaft, wolle mit seiner Aktion WOW ein wirtschaftsfreundliches Kampagnen-Gegengewicht zum erfolgreichen links-grün dominierten Kampagnen-Kartell anstossen. Man will den Anspruch, die „Zivilgesellschaft“ zu vertreten, nicht einseitig dem links-grünen Lager überlassen. Auf der Webseite von economiesuisse steht als Zielsetzung, eine langfristig angelegte Kampagne solle den Wert einer starken Wirtschaft wieder deutlicher ins öffentliche Bewusstsein rücken.
Lange hatte ich mich mit einem Urteil über diese peinliche Geschichte zurückgehalten. Schliesslich verfüge ich über keine Insiderkenntnisse, noch besitze ich professionelle Kompetenzen in Sachen Bankenregulierung. Aber als Opfer der Notfalllösung fühle ich mich mit etwas Verspätung doch berechtigt, aus der Froschperspektive meine persönlichen Einschätzungen darzulegen. Ich bin also formell befangen, da an einer von US-amerikanischer Seite angestrengten Sammelklage beteiligt. Dass ich zu lange an den AT1-Bonds festhielt, hängt mit einer Fehleinschätzung zusammen.
Mein letzter Blogbeitrag im Zusammenhang mit meinem Velosturz vom 3. April - heute genau vor zwei Monaten - beschäftigt sich mit der Frage, wie wir im Unglück mit psychischen Tiefs umgehen. Es ist wohl eine spontane Selbsthilfereaktion, wenn wir uns an fremden Schicksalen aufrichten, die noch schlimmer sind als das eigene Unglück. Auf zwei solche Fälle bin ich gerade jüngst zufällig gestossen.
Genau für so schwere und kostspielige Unfälle wie mein Sturz mit dem Rennvelo Anfang April hat man eine Kranken- und Unfallversicherung. Sobald operiert werden muss, wird es teuer, und die Rehakliniken inklusive Hotelservice auf Viersterne-Niveau sind auch nicht gerade billig. Wir leisten uns aber viel mehr als die finanzielle Absicherung gegen die Belastung durch hohe Kosten eher seltener Fälle. Mit dem mittlerweile ausufernden Katalog versicherter Leistungen handelt es sich nicht mehr um eine echte Versicherung, sondern um ein umfassendes Finanzierungssystem.
Es wäre vermessen, zu erwarten, dass dieser Abschlusstext der Serie "Die Schweiz auf schiefer Bahn" mit meiner Reformagenda eine Debatte über die direkten Volksrechte auslösen wird. Doch mein Ceterum Censeo "Wir müssen auch über die Institutionen reden" bleibt aktuell, nicht nur zwischen den Zeilen, wie in manchen Reden und Texten, die den Lauf der Dinge beklagen, ohne die institutionelle Mechanik unserer Demokratie zum Thema zu machen. Bleibt institutionell alles beim Alten, tönen diese Klagen leer und ohne Substanz.
Die drohenden grossen Defizite im Bundeshaushalt befeuern unter der Fuchtel der starren Schuldenbremse den Verteilungskampf um knappe Mittel. Würden sich unsere politisch bestimmenden Eliten nach den Wünschen der stimmberechtigten Bevölkerung richten, wäre das Budget der Entwicklungshilfe Spitzenkandidat für Sparmassnahmen. Hat man in der Schweiz kein Herz für die Armen im sogenannten Globalen Süden? Ich halte diese Folgerung für falsch und vertrete eine andere Sicht.