Die „Winterstromlücke“ als Vermächtnis unserer populären alt Bundesrätin Doris Leuthard

Die Versorgungssicherheit ist das A und O einer funktionsfähigen Stromversorgung. Dazu passt eine Aussage von Winston Churchill, die zum Grundbestand politischer Weisheit gehört: Sicherheit liegt in der Vielzahl der Optionen, die einem als Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Unsere ehemalige Energieministerin, Bundesrätin Doris Leuthard, hat mit der von ihr angestossenen „Energiewende“ ziemlich massiv in die Geschicke der Schweiz eingegriffen. Dabei hat sie das Gegenteil dessen durchgesetzt, was Churchill empfahl. Die schweizerische „Energiewende“ reduziert allein schon mit dem Ausstieg aus der Kernenergie die Handlungsmöglichkeiten der Energiepolitik. Das ist aber längst nicht alles an freiwilligen Selbstbehinderungen.

Nach der gewonnen Abstimmung vom Mai 2017 über „ihr“ Energiegesetz sagte Leuthard an einer Tagung im Oktober desselben Jahres folgenden Satz: Die Schweiz wird bis 2035 ausreichend Strom zur Verfügung haben, sofern die Integration in den europäischen Strommarkt gelingt, die Energieeffizienz gesteigert wird und der Anteil an erneuerbaren Energien wächst. Doch erstens wird es ohne Stromabkommen keine Integration in den europäischen Strommarkt geben. Zweitens ist die erhoffte Steigerung der Energieeffizienz technisch, ökonomisch und politisch eine riesige Herausforderung. Und drittens drohen mit dem geplanten Ersatz der wegfallenden Kernenergie durch erneuerbare Energien – überwiegend Solarstrom – wachsende Stromüberschüsse im Sommer und eine massiv verschärfte Mangelsituation im Winter (siehe dazu schlumpf&rentsch im Podcast zur „Winterstromlücke“).

Das Gelingen der Leuthard’schen „Energiewende“ ist also abhängig von einem Stromabkommen mit der EU. Die Hoffnung auf ein solches Abkommen beruhte schon vor der Abstimmung über das Energiegesetz auf wackeligen Annahmen. Inzwischen zeigt eine fundierte EMPA-Studie, wie sehr der geplante forcierte Ausbau von erneuerbaren Energien (weitgehend Solarstrom) in Kombination mit der Elektrifizierung im Bereich Mobilität und Gebäude die Stromlücke im Winter und den potenziellen Importbedarf massiv erhöht.

Mit anderen Worten: Die Leuthard’sche Energiewende hat die Schweiz in eine europapolitische Zwangslage versetzt. Durch die Nachteile einer drohenden Marginalisierung im europäischen Strommarkt und die resultierende Erschwerung von Stromimporten steigt der Druck zum Abschluss des institutionellen Rahmenabkommens (INSTA). Zugleich kann die EU mit der Verweigerung eines Stromabkommens die Schweiz INSTA-gefügig machen.

In unserer Regierung werkeln sieben Mitglieder in ihren Departementen mit grossem Einsatz und viel gutem Willen an ihren Projekten. Manchmal hat man aus der Froschperspektive des Normalbürgers den Eindruck, dass die Sensiblilität für die thematischen gegenseitigen Abhängigkeiten in der Regierungsarbeit nicht gerade ausgeprägt ist.