Klimapropaganda im Lichte der harten Realitäten

Die links-grüne Klimapropaganda will den Leuten weis machen, dass die „Energiewende“ mit dem inzwischen gesetzlichen Ziel „netto null 2050“ nur wenig kostet. Und nicht nur das. Es werden Innovationen angestossen, die Wirtschaft wird angekurbelt, und es werden Arbeitsplätze geschaffen. Und am Ende, im ominösen Jahr 2050, ist die Schweiz auf ihrem „leuchtend grünen Pfad“ am Ziel – mit erneuerbarer Energie sicher versorgt, und das erst noch günstiger als heute.

Dass auch die offizielle Politik, von grüner Ideologie durchtränkt, dem Volk diese schöne Geschichte erzählt, ist verständlich, denn fast alle Schulabgänger verlassen die obligatorische Schulzeit, ohne je etwas von Opportunitätskosten gehört zu haben. Auch des Konzept der Mitnahmeeffekte kommt im Lehrplan nicht vor, so dass die Leute nie auf den Gedanken kommen, dass unsere Fördermittel für den Umbau in der Lieferkette rückwärtslaufend auch bei chinesischen Lieferanten landen könnten, weil sie ihre Preise dank unseren Subventionen nach oben anpassen.

Wenn Solarpanels dank dem vorwiegend chinesischen Technologiefortschritt immer noch billiger werden, fällt das nur bescheiden ins Gewicht, macht aber als oberflächliches Argument Eindruck. Eine Energieversorgung mit fast nur noch Erneuerbaren (Solar, Wind, Wasser) ist aber etwas völlig anderes als der Energiemix, den wir heute haben.

Die Transformation, so sie überhaupt in der geplanten Frist gelingen kann, würde enorme Tranformationskosten verursachen, weil das ganze System (Infrastrukturen, Netze, Speicher, Back-up-Kapazitäten) in knapp einem Vierteljahrhundert umgebaut werden müsste. Das ist nicht nur extrem kostspielig, weil durch den Verzicht auf ein funktionierendes System hohe Opportunitätskosten anfallen. Es verlangt auch für längere Zeit einen starken Rückgriff auf fossil gewonnene Energie.

Das sieht man allein schon daran, dass im Weltmassstab trotz dem hohen Zubau an Erneuerbaren, der Verbrauch von nicht Erneuerbaren (fossilen) seit „Paris 2015“ praktisch im gleich Ausmass gestiegen ist, wie einer Grafik aus einem kürzlichen Referat des US-amerikanischen Politikwissenschafters Roger Pielke jr. zu entnehmen ist:

Seit dem Klimaabkommen von Paris im Jahr 2015 bis Ende 2022 verzeichnete die Welt 30,5 EJ fossilen Mehrverbrauch. Der Konsum von CO2-freier Energie hat in dieser Zeit um fast den gleichen Betrag, nämlich 30,7 EJ, zugenommen. Der Zubau von Erneuerbaren und der Abbau von fossilen Energien findet nicht gleichzeitig durch sofortigen Ersatz statt. Es braucht zuerst mehr fossile Energie, um den Umbau zu Erneuerbaren zu ermöglichen. Für ärmere Länder ist fossile Energie immer noch der günstigste Weg zu Wachstum und Entwicklung, speziell, wenn sie eigene Vorkommen abbauen können. Aber auch die Produktion der riesigen Mengen an Hardware für die Erneuerbaren, die überwiegend aus China kommt, braucht vom Abbau von Rohstoffen in Minen bis zur Inbetriebnahme in den Abnehmerländern grosse Mengen fossiler Energie, und das dürfte noch lange Zeit so bleiben.

Die Grafik zeigt noch zwei weitere interessante Punkte: Erstens wurde der Corona-Einbruch bei den Fossilen im Jahr 2020 im Jahr darauf wieder mit einem hohen Anstieg voll kompensiert. Die Welt war zurück auf dem alten Aufwärtstrend. Und zweitens sieht man ganz rechts, wie viel Wunschdenken in der „netto null 2050“-Politik steckt. Die grüne und die schwarze Säule zeigen, welcher enorme jährliche Zuwachs an Erneuerbaren (grün) bzw. welcher unrealistische Abbau an fossiler Energie (schwarz) jährlich nötig wäre, um 2050 netto null CO2 zu erreichen. Und zwar ab sofort. Warum das nicht gehen kann? Siehe Erläuterungen weiter oben.

Dieser Text erschien am 11. Oktober leicht redigiert in der gedruckten Ausgabe von „Finanz und Wirtschaft“.