axpo und der „Blick“-Twitterer

Der von den Peripetien der deutschen Energiewende besonders gebeutelte Energiekonzern axpo meldete jüngst die Absicht, den Konzern nach dem Muster der deutschen Energiegiganten e-on und RWE in zwei Gesellschaften aufzuspalten. Die wirtschaftlich aussichtsreichen und gewinnträchtigen (teils dank „Energiewende“ subventionierten) Aktivitäten würden in eine neue Gesellschaft eingebracht, während die notleidenden Wasser- und Kernkraftwerke in der alten axpo verbleiben würden. Die betriebswirtschaftlich einleuchtende Idee dahinter ist klar: Die neue Einheit soll wenigstens einem Teil von axpo erlauben, wieder kapital- und börsenfähig zu werden. Der alte Teil müsste dann weitestgehend auf Kosten der Eigentümerkantone irgendwie saniert und über die Runden gebracht oder im schlimmsten Fall  abgewickelt werden.

Dieser Plan von axpo provozierte gemäss Meldung auf Radio SRF1 bei einem Redaktor der Boulevardzeitung „Blick“ einen Twitter-Eintrag, der viel mehr über das wirtschaftliche Verständnis bzw. Unverständnis in solchen Journalistenkreisen aussagt als über das kommentierte Ereignis. Die stereotype Kritik von Schlagzeilen-Medien à la „Blick“ sind sattsam bekannt: Die gewinnträchtigen Teile würden so privatisiert und der Staat (also die Steuerzahler) müssten dann die Verluste der alten axpo tragen, weil axpo überwiegend den Kantonen gehört. Zu solchen falschen Schnellsturteilen kommt man, wenn man die Geschichte ausblendet. Genau dieselben linksgewickelten Kreise und Anhänger einer ausufernden „Service-Public“-Ideologie, die heute solche Kommentare abgeben, haben zusammen mit kantonalen und regionalen Interessen stets tatkräftig mitgeholfen, eine  Entstaatlichung der Stromwirtschaft zu verhindern. Eine rechtzeitige weitgehende Privatisierung der Stromkonzerne hätte erstens der öffentlichen Hand vor einigen Jahren noch Milliardensummen in die Kassen gespült. Und zweitens hätte ein solches Vorgehen die staatlichen Eigentümer von den Verlustrisiken entlastet, die inzwischen ganz real geworden sind und  –  am Ende auf Kosten der Steuerzahler  –  zu milliardenschweren Abschreibungen in den Bilanzen geführt haben. So hätte man dafür sorgen können, dass Private diese enormen Verluste zu tragen haben, die jetzt eingetreten und noch längst nicht ausgestanden sind.

Was auch noch zu erwähnen wäre: Unsere Pensionskassen sind zur Deckung heutiger und künftiger Rentenansprüche auf Investitionsmöglichkeiten angewiesen, welche die politisch vorgegebenen Renditen zu erwirtschaften helfen. Erwünscht sind langfristig gut prognostizierbare, wenig schwankende Einkommensströme, wie sie für die Versorgungswirtschaft über Jahrzehnte typisch waren. Und schliesslich: Niemand hält den Blick-Twitterer davon ab, von der neuen axpo-Gesellschaft dereinst an der Börse Aktien zu erwerben, um an den „privatisierten“ Gewinnen teilzuhaben.

Wie unser Wirtschaftsminister die digitale Gesellschaft sieht

Am letzten BILANZ Business Talk befragte Chefredaktor Dirk Schütz unseren obersten Volkswirtschafter Bundesrat Johann Schneider-Ammann und den Nestlé-Präsidenten Peter Brabeck zur Lage und zu den Aussichten der Schweizer Wirtschaft. Auf die Frage, was Schneider-Ammann unter der digitalen Gesellschaft verstehe, antwortete dieser mit seiner persönlichen Erfahrung an einem Anlass. Dort seien über den Köpfen der Teilnehmer permanent mehrere Drohnen in einem scheinbaren Durcheinander gekreist. Doch hätten sich diese nie berührt, und abgestürzt sei sowieso keiner. Für unseren Wirtschaftsminister entwickeln wir uns also in Richtung einer Art von Spielzeug-Gesellschaft. Es ist schon etwas ernüchternd, wenn in unserer Regierung jemand für die Volkswirtschaft zuständig ist, der die wesentlichen Trends der Digitalisierung offenbar noch nicht erfasst hat: Vollkommen neue Geschäftsmodelle im Verkehr zwischen Produzenten und Konsumenten, die alte Angebote und Strukturen obsolet machen. Tagtäglich sind wir bereits mit diesen Fortschritten konfrontiert, zum Beispiel in den Umbrüchen im Bereich der Medien und der Kommunikation. Oder auf dem Gebiet von Dienstleistungen aller Art, die sich online abwickeln lassen, wobei der Konsument oft gleichzeitig Produzentenfunktionen übernehmen kann. Die bekanntesten Beispiele erfolgreicher neuer Geschäftsmodelle  –  Uber  und Airbnb  –  sind weltbekannt, nicht zuletzt auch weil sie politischen Widerstand der alten Anbieter und der Regulatoren entfachen, was in den Medien gerne mit den grossen Buchstaben gemeldet wird. Zudem verändern sich durch die Digitalisierung auch ganze Produktionsabläufe und -strukturen in der Güterproduktion, was schliesslich auch die Bedeutung von Landesgrenzen und politische und regulatorische Zuständigkeiten tangiert  –  alles Aspekte, die unserem Wirtschaftsminister sicher auch geläufig sind, ihm aber spontan wohl einfach gerade nicht eingefallen sind.

Trump und das Klima im ZDF

Als ich jüngst wieder einmal die „heute“-Nachrichten im deutschen ZDF schaute, schienen mir Gesicht und Tonfall des ZDF-Nachrichtensprechers seine Betroffenheit über das ganze Elend in der Welt auszudrücken. Sein Ausdruck verdüsterte sich aber noch mehr, als er die Hiobsbotschaft verlas, Trump wolle das Klimaabkommen von Paris von 2015 kündigen. Tröstliches folgte aber postwendend: Nun sei es halt an Deutschland, eine Führungsrolle in der Klimapolitik zu übernehmen. Welch beruhigende Aussicht!

Allein die Idee, es sei Aufgabe einer Nachrichtensendung, Aufforderungen an die Politik zu platzieren, zeigt, dass sich die deutschen öffentlich-rechtlichen Medien – ganz wie die schweizerischen SRF-Kanäle – in Sachen Klima auf einer Mission zur Rettung der Welt wähnen. Doch Deutschland als Vorbild! Nur weil dieser Elefant im energiepolitischen Porzellanladen ohne Rücksicht auf Kosten und Verluste, auch bei befreundeten europäischen Nachbarn, mit x Milliarden Subventionen auf volatilen Wind- und Solarstrom setzt? Was ist mit den zusätzlichen deutschen Kohlekraftwerken, die als Back-up das schwankende Angebot an Wind- und Solarstrom ausgleichen müssen und die für die Zunahme des deutschen CO2-Ausstosses der letzten Jahre – über die Kyoto-Verpflichtungen hinaus – hauptverantwortlich sind? Und haben die Nachrichtenproduzenten bei den staatsnahen öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten noch nie davon gehört, dass die USA als eines der wenigen Länder ihren CO2-Ausstoss vor allem dank dem Umstieg von Kohle auf Gas wesentlich gesenkt haben und dass dieser Prozess selbstverständlich weiterläuft?

Es gibt aber noch einen wichtigeren Grund, Trumps klimapolitische Drohungen und Dementis nicht zu dramatisieren. Das Pariser Klimaabkommen ist aufgrund der Berechnungen des Think Tanks Copenhagen Consensus des dänischen Ökonomen Björn Lomborg für die Minderung der Erderwärmung praktisch wirkungslos, aber unglaublich teuer. Lomborgs Experten benützten für Ihre Schätzungen die offiziellen Daten. Hier ein Ausschnitt aus einem Beitrag von Lomborg in der Washington Post:

The United Nations estimates that if every country were to make every single promised carbon cut between 2016 and 2030 to the fullest extent and there was no cheating, carbon dioxide emissions would still only be cut by one-hundredth of what is needed to keep temperature rises below 3.6 degrees Fahrenheit (2 degrees Celsius). The Paris treaty’s 2016-2030 pledges would reduce temperature rises around 0.09 degrees Fahrenheit by the end of the century. If maintained throughout the rest of the century, temperature rises would be cut by 0.31 degrees Fahrenheit.

All dies kümmert aber weder die deutsche noch die schweizerische Politik noch die ganze Klimaindustrie aus Umwelt-NGO und profitierenden Branchen noch die staatsnahen öffentlich-rechtlichen Medien in Deutschland und in der Schweiz. Deren ideologisch verzerrte Perspektive deckten zwei deutsche Medienforscher auf, die die Berichterstattung über den Reaktorunfall von Fukushima in England, Frankreich, Deutschland und der Schweiz verglichen. Ganz im Kontrast zu England und Frankreich beschäftigte sich in deutschen und schweizerischen Medien der weitaus überwiegende Teil, nämlich 90 Prozent der Artikel mit einem AKW-Ausstieg oder einem Moratorium. Es gab gemäss Bericht in der NZZ auch einen Zusammenhang zwischen den wertenden Aussagen der Journalisten zur Kernenergie und den Urteilen der befragten Experten. Die Forscher folgerten, die Differenzen in der Charakterisierung von Fukushima in den vier Ländern seien mit hoher Wahrscheinlichkeit auf „langfristig gewachsene, vorherrschende Einstellungen und Meinungen im Journalismus zurückzuführen.“ Hatten wir das nicht schon immer vermutet?

Veröffentlicht unter Klima

GVO-Moratorium auf ewige Zeiten?

Der Nationalrat will das GVO-Moratorium für den Anbau und die Inverkehrbringung von gentechnisch veränderten Pflanzen um vier Jahre bis 2021 verlängern. Er folgte dem Antrag des Bundesrates mit 98 zu 89 Stimmen. Doch sind unter den 98 Stimmen wirklich alles nur GVO-Gegner?

Die Frage ist berechtigt. Denn eine gewisse Anzahl GVO-Befürworter im Parlament entscheidet wohl auch aufgrund politischer Rationalität immer wieder zugunsten einer Moratoriumsverlängerung : Aus Angst vor einem Totalverbot durch eine chancenreiche Volksinitiative. Die Rechnung der Moratoriumsbefürworter geht voll auf. Sie können sich mit der blossen Androhung einer Initiative den ganzen Aufwand sparen, der für die Organisation einer Volksinitiative anfallen würde.