Die „No Billag-Initiative“ gehe den SRF-Mitarbeitern ans Gemüt, meldete der „Blick am Abend“ heute auf der Frontseite. Und auf Seiten 2 und 3 macht das betont SRG-freundliche Ringier-Boulevardblatt mit der Gemütsduselei um die Angst des SRF-Personals flott doppelseitig weiter. Die Gegner der Initiative mobilisieren alle Kräfte, um das Stimmvolk auf ihre Seite zu bringen. Erhellend ist es, die Gegnerschaft auf ihre Sonderinteressen an einer „starken SRG“ abzuklopfen. Kulturschaffende, allen voran die Filmbranche, profitieren millionenschwer von der Förderung aus dem Topf der SRG. Einen Eindruck von der engen Verbandelung dieser Branche mit der SRG erhält man Jahr für Jahr am Filmfestival von Locarno. Des weiteren sind die hohen Geldflüsse aus dem SRG-Haushalt in die lateinischen Sprachregionen zu beachten, die dort seit je eine SRG-freundliche Haltung förderten.
Dass das Personal der SRF-Kanäle zu den Gegnern der Initiative gehört, leuchtet jedem ein. Milde ausgedrückt ist es aber störend, dass es in einem solchen Fall, wo die persönlichen Interessen so direkt vom Ausgang einer Abstimmung betroffen sind, keine Ausstandsregelung wegen Interessenkonflikten gibt. Für einen Ausstand wegen Befangenheit gibt es hier nämlich einen ganz besonderen Grund: Den Kadern und Mitarbeitern von SRF stehen die einflussreichen staatlich eingerichteten Medien Fernsehen und Radio für ihre Propaganda gegen „No Billag“ zur Verfügung, und sie benützen sie auch in einem stossenden Ausmass. Zwar ist dies schon von verschiedener Seite kritisiert worden, hat aber zu keiner Änderung bei SRF geführt. Von interessierten „No Billag“-Gegnern wurden SRF-Kaderleute und TV-Promis schon aufgefordert, sich noch verstärkt öffentlich gegen die Initiative zu manifestieren. Der Trick, seine Meinung als nicht diejenige eines SRF-Angestellten zu deklarieren, sondern als die eines besorgten Bürgers, ist natürlich eine durchsichtige Masche.
Eine allgemeine Folgerung lässt sich aus dieser Erfahrung ziehen: Die direkten Volksrechte werden bei uns derart überhöht, dass man darin schon fast eine Art schweizerische Ersatzreligion vermuten kann. Folglich gibt es im Rahmen der „No Billag“-Initiative auch keine grundsätzliche Diskussion um einen Ausstand der SRF-Mitarbeiter wegen Befangenheit.