Mehr Markt statt Agrar-Initiativen

Volksabstimmungen vom 13. Juni: Viel zu enge Debatte

Zur masslosen Pestizid-Initiative und zur Trinkwasser-Initiative gibt es auch eine grundsätzliche Alternative, die konträr zum Status-Quo ist, den die Agrarier mit ihrem Widerstand gegen die beiden Initiativen verteidigen: Die Liberalisierung und Entstaatlichung des Agrarsektors. Dies würde auch dazu beitragen, den Umweltzielen des Agrarartikels 104BV gerecht zu werden. Die Argumente dazu finden sich bereits in ausführlicher Form in der Avenir-Suisse-Publikation „Der befreite Bauer. Anstösse für den agrarpolitischen Richtungswechsel“ (NZZ Libro, 2006).

Man kann nicht sagen, dass in den 15 Jahren seit Erscheinen der Avenir-Suisse-Publikation auch nur im Ansatz ein agrarpolitischer Richtungswechsel stattgefunden hätte. Die Agrarprotektionisten haben noch Zulauf erhalten. Die grüne Moralisierung der Aussenhandelspolitik verhindert zunehmend Freihandelsabkommen mit Agrar-Exportländern, was die Bauern-Lobby natürlich erfreut.

Meinen heutigen NZZ-Gastkommentar zu den Agrar-Initiativen lesen Sie hier. Oder in gedruckter Version der NZZ-Papierausgabe unten (zum Lesen Bild anclicken):

Bitte ehrliche Propaganda für das neue CO2-Gesetz!

Wie UVEK-Vorsteherin Sommaruga ehrlicherweise argumentieren müsste

„Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger! 

Am 13. Juni stimmen wir über das revidierte CO2-Gesetz ab, weil die SVP und einige Verbände das Referendum ergriffen haben. Bundesrat und Parlament plädieren für ein Ja zum Gesetz. Das neue CO2-Gesetz trägt dazu bei, dass die Schweiz ihre Selbstverpflichtung zur Reduktion des CO2-Ausstosses von 1990 bis 2030 um 50 Prozent einhalten kann. Diese Selbstverpflichtung ist die Schweiz, wie andere Länder, im Rahmen des Klimaabkommens von Paris von 2015 eingegangen. Die Schweiz handelt somit unter „Paris 2015“ solidarisch mit anderen Staaten. Selbstverständlich hat die Schweizer Klimapolitik keinen Einfluss auf das Weltklima. Aber wenn wir unsere „Paris 2015“-Ziele nicht einhalten, wie wollen wir dann von den anderen Ländern, vor allem den grossen CO2-Emittenten oder ärmeren Ländern erwarten, dass diese in Zukunft auch wirksame Anstrengungen unternehmen? 

Ich möchte an dieser Stelle auch meine früheren Aussagen zu klimabedingten Naturereignissen in der Schweiz korrigieren: In der Schweiz waren in den vergangenen Jahrzehnten die Häufigkeit und die Schäden von Naturereignissen, entgegen meinen früheren Warnungen und Berichten in den Medien, rückläufig. Jedoch können wir daraus nicht ableiten, was die Zukunft bringen wird. Zudem deuten jüngste weltweite Beobachtungen, zum Beispiel über ein beschleunigtes Abschmelzen der Eismassen, doch auf Risiken hin, die mit der vom Menschen verursachten Erderwärmung in Verbindung zu bringen sind. Darüber gibt es aber in der Wissenschaft keine eindeutigen Erkenntnisse, sondern die Kausalitäten, die möglichen Schadenskosten und die Kosten von Anpassungsmassnahmen werden kontrovers diskutiert. Die warnenden Stimmen des Weltklimarats IPCC und der mit diesem verbundenen Forschergemeinde haben in der öffentlichen Wahrnehmung kommunikative Vorteile.

Das CO2-Gesetz entspricht sicher nicht dem Ideal ökonomischer Effizienz. Das Gesetz ist das Ergebnis der politischen Gewinnung von Mehrheiten unter den institutionellen Bedingungen der Schweiz. Der ganze Instrumentenkasten kam unter dem Motto zustande, dass alle etwas beitragen sollen. Am Ende zählt dann primär, ob das Gesetz in einem Referendum bestehen kann. Was jetzt vorliegt, ist als das zu betrachten, was unter den heutigen Bedingungen als politisch machbar erscheint. Ein Nein zum Gesetz würde die Schweiz in ihren Anstrengungen, die selbst gesteckten CO2-Reduktionsziele zu erreichen, stark zurückwerfen. Ich danke Ihnen für Ihre Zustimmung zum Gesetz.“

Alternativlose Politik auch bei uns?

Gedanken zur Abstimmung vom 13. Juni über das revidierte CO2-Gesetz

Unsere UVEK-Bundesrätin Simonetta Sommaruga wird nicht müde, vor einem Nein zum neuen CO2-Gesetz zu warnen und den Teufel an die Wand zu malen. Sie spricht von einem grossen Rückschlag im Kampf gegen den Klimawandel und warnt, die Schweiz könnte dann ihre CO2-Reduktionsziele aus dem Klimaabkommen von Paris („Paris 2015“) nicht mehr einhalten. Zunehmend scheinen wir aufgrund solcher Aussagen vor alternativlosen Situationen zu stehen. Meisterin der alternativlosen Politik ist bekanntlich Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für sie ist der Euro alternativlos, die Energiewende und der Atomausstieg sind es auch, und irgendwann entstand der Eindruck, sie selbst sei es auch.

Für BR Sommaruga droht mit einem Scheitern des CO2-Gesetzes an der Urne der grosse Scherbenhaufen. Doch in der Politik ist nie etwas alternativlos, selbst nach so überstürzten Fehlentscheiden wie der deutschen und der schweizerischen Energiewende. Man kann durch Einsicht und praktische Erfahrung immer noch schlauer werden und frühere Entscheidungen korrigieren. Oder man könnte auch vorausschauend über Plan B und C nachdenken. Von Churchill stammt der Ausspruch, Sicherheit liege in der Vielzahl der Variablen, die einem als Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stünden.

In ihrem Gespräch über das neue CO2-Gesetz steigen Martin Schlumpf und Hans Rentsch in ihrem neuen schlumpf&rentsch-Podcast quasi hinunter in die Niederungen der Tagespolitik. Allerdings dreht sich das Gespräch nicht um die Pro- und Kontra-Aussagen im bereits tobenden Zahlenkrieg um die Belastung der Haushalte durch die Verteuerung fossiler Energie. Vielmehr versuchen s&r, ihr eigenes Dilemma zu klären: Kann man diesem Gesetz positive Seiten abgewinnen – weil es über den CO2-Preis durchaus eine CO2-senkende Wirkung verspricht, – wenn man im Grunde die schweizerische Energiewende als illusionäres Projekt betrachtet?

Zuerst zeigen s&r die marginalen Proportionen schweizerischer Klimapolitik im internationalen Kontext. Zum Gesetz positiv vermerkt wird die Tatsache, dass die nachteiligen Folgen des weltrekordverdächtigen CO2-Preises gemäss Gesetz durch die mehrheitliche Zurückerstattung an die Haushalte wenigstens teilweise abgedämpft werden. Dass im Rahmen der schweizerischen Institutionen ein Gesetz nicht ökonomischer, sondern politischer Rationalität genügen muss, also ein Referendum überstehen sollte, zeigt sich auch beim CO2-Gesetz mit seinem breit angelegten Instrumentenkasten inklusive Klimafonds mit Fördermitteln zugunsten zahlreicher hoffender Nutzniesser in bester Tradition.

Alle Podcasts von Hans Rentsch und Martin Schlumpf sind auf ihrem YouTube-Kanal schlumpf&rentsch zu sehen. Kommentare sind willkommen.

Wasser auf die Mühle der Klima-Alarmisten

Die Medien melden: Schweiz verfehlt das Klimaziel für 2020

1997 hatte sich die Schweiz im Rahmen des Kyoto-Protokolls zur Reduktion des CO2-Ausstosses verpflichtet. Der heutige Bericht auf NZZ online fasst dies so zusammen:

„Laut der Klimakonvention der Uno hätte die Schweiz ihren Treibhausgasausstoss zwischen 1990 und 2020 um 20 Prozent senken sollen. Bis ins Jahr 2019 sind allerdings nur Einsparungen von 14 Prozent gelungen. Damit verpasst die Schweiz auch die Klimaziele im derzeit gültigen CO2-Gesetz.“

1990 zählte die Schweiz gemäss Bundesamt für Statistik rund 6,67 Mio. Einwohner. 1997 waren es gerundet 7,08 Mio. Bis 2020 wuchs die Bevölkerung seit 1990 um fast genau 2 Mio. Personen auf ca. 8,67 Mio., seit 1997 um beinahe 1,6 Mio. Ich habe meine grössten Zweifel, dass die zuständigen politischen Behörden, die damals die Reduktionsverpflichtung bestimmten, die massive Bevölkerungszunahme als Folge der Personenfreizügigkeit vorausschauend in Rechnung stellten. Diese Zweifel sind umso berechtigter, als ja bekannt ist, wie massiv die Behörden die künftige Zuwanderung im Vorfeld der Volksabstimmung über die Personenfreizügigkeit unterschätzten – natürlich auch aus politischem Kalkül. Es galt ja, unbedingt eine Abstimmung zu gewinnen.

Fazit: Die Schweiz verfehlt das Klimaziel, weil die zuständigen Stellen das Bevölkerungswachstum nicht richtig einschätzten und deshalb – vermutlich auch noch im üblichen schweizerischen Musterschülerstil – eine unrealistische Reduktionsverpflichtung eingingen. Das einzig vernünftige Reduktionskriterium wäre die Senkung des CO2-Ausstosses pro Kopf der Bevölkerung.

Netto null CO2 und die harten Realitäten

Zum Kampf um Öl und Gas in der Arktis (und anderswo)

Auf NZZ online lese ich heute eine Meldung, die man schon in der Vergangenheit wiederholt lesen konnte. Dieses Mal ging es um militärische Aktivitäten Russlands, um Gebietsansprüche zu demonstrieren:

„Die Arktis ist für alle angrenzenden Staaten von strategischer Bedeutung und das nicht nur aus militärischer Sicht. Es werden gewaltige Mengen an Öl und Gas vermutet. Wegen der wertvollen Bodenschätze gibt es immer wieder territoriale Streitigkeiten.“

Das Beispiel der Arktis ist bekanntlich kein Einzelfall. Auch Griechen und Türken streiten sich im östlichen Mittelmeer um Zypern wegen territorialer Ansprüche auf Gebiete, wo Öl- und Gasvorkommen vermutet werden.

Öl und Gas sind offensichtlich trotz dem Klimaabkommen „Paris 2015“ und den hehren Versprechungen der Teilnehmerländer zur Dekarbonisierung von Wirtschaft und Gesellschaft weiterhin „wertvolle Bodenschätze“. Man stelle sich nur schon mal die Zeithorizonte vor, die für die Exploration und die Ausbeutung von Öl- und Gasvorkommen üblich sind. Die damit verbundenen Investitions- und Betriebskosten sind gerade in der unwirtlichen Arktis gigantisch, und sie können erst durch eine lange Produktionszeit wieder gedeckt werden.

Wie sich diese energie- und klimapolitischen Realitäten mit den CO2-Nettonull-Zielen im Nachgang zu „Paris 2015“ vereinbaren lassen, ist eine Frage, mit der sich, abgesehen von Frau Bundesrätin Sommaruga, vor allem unsere demonstrierende Klimajugend noch eingehender beschäftigen müsste. Nicht zuletzt, um an den passenden Orten bzw. zuhanden der richtigen Adressaten zu demonstrieren. Nämlich dort, wo das hehre Ziel „Rettung der Welt vor der Klimakatastrophe“ noch bei weitem nicht zuoberst auf der politischen Agenda steht.