Die Deutsche Bank und andere Finanzinstitute wollen die Kreditvergabe an CO2-lastige Unternehmen mit ungenügenden CO2-Reduktionszielen erschweren oder gar einstellen. Dazu und zum grösseren Rahmen um dieses Thema befragte mich das Online-Radio Kontrafunk am 30. November 2023. Hören Sie das Gespräch hier:
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RIP Credit Suisse
Ein wirtschaftspolitisches Panikorchester wählt eine schlechte Lösung
Die NZZ schreibt von einer „behördlich erzwungenen Übernahme“ der CS durch die UBS. Genau das ist es. Man hat sich mit diesem notrechtlichen Vorgehen praktisch alle möglichen Nachteile eingehandelt: Eine Ikone des schweizerischen Finanzplatzes wird kurzerhand aufgegeben. Es entsteht eine Monster-Bank, die für die Schweiz viel zu gross ist. Aktionäre und vor allem Obligationengläubiger der CS werden schamlos enteignet.
Dieser Vorgang ist eine Peinlichkeit und schadet dem Ansehen der Schweiz. Der ehemalige CS- und UBS-Chef Oswald Grübel beschreibt gegenüber der Zeitung „Blick“ die Patentlösung:
Es ist zu vermuten, dass Grübel nicht eine vollständige Übernahme meinte. Es hätte genügt, wenn die SNB etwa 30 Prozent übernommen hätte. Das hätte zum Kurs vom letzten Freitag plus einem kleinen Aufschlag (z.B. CHF 2 pro Aktie) rund drei Milliarden Franken gekostet. Der geschätzte effektive Wert einer solchen Beteiligung betrug mindestens das Dreifache.
Eine Beteiligung der SNB mit entsprechender Begleitmusik im Sinne von Draghis „whatever it takes“ (Martin Janssen) hätte den panikartigen Abzug von Geldern stoppen können. Interessant, was der damalige Nationalbankpräsident Jean-Pierre Roth bei der Rettung der UBS 2008 sagte: «Wir sind da für die Ewigkeit». Und so wie damals hätte eine SNB-Beteiligung nach einer Phase der sorgfältigen Konsolidierung der CS in einem Paketverkauf der SNB einen schönen Gewinn einbringen können. Nicht zu vergessen: Die SNB hält in ihrer Bilanz bereits milliardenschwere Pakete an ausländischen Unternehmen. Wieso nicht auch ein CS-Aktienpaket?
Offenbar fehlen heutzutage in der wirtschaftspolitischen Elite die Grübels. Man kann sich auch fragen, ob unter einem SNB-Präsidenten Hildebrand nicht die Grübel-Variante zum Zug gekommen wäre.
Unsoziale SNB-Frankenmanipulation – wie lange noch?
Seit der Aufhebung des Euro-Mindestkurses von CHF 1.20 durch die Schweizerische Nationalbank SNB hat sich der Schweizer Franken auf einem Niveau zwischen 1.11 und 1.14 eingependelt. Allerdings geschah dies nicht ohne Interventionen der SNB, Einführung von Negativzinsen inklusive. Der Kurs wurde und wird also „gepflegt“. SNB-Präsident Thomas Jordan wiederholt in öffentlichen Auftritten rituell seine Begründung, der Franken sei immer noch latent überbewertet, und bei Verunsicherung der Märkte drohe jederzeit eine Flucht in den Franken. Diese Begründung überzeugt allein schon deswegen nicht, weil die SNB in ihrer bisherigen Praxis gegenüber dem Euro nicht „symmetrisch“ intervenierte. Als der Franken nach der Einführung des Euro mit Kursen im Bereich von deutlich über CHF 1.50 jahrelang stark unterbewertet war, was den Interessen der Schweizer Exportwirtschaft entgegenkam, blieb die SNB still sitzen. Daraus lässt sich unschwer die Vermutung ableiten, die SNB bediene mit ihrer Politik der Frankenschwächung eigentlich uneingestanden vor allem auch die Interessen der Exportwirtschaft. Dies in einer Volkswirtschaft, die seit Jahren massive Leistungsbilanzüberschüsse erzielt.
Die Kollateralschäden der SNB-Negativzinspolitik sind bekannt und schon vielerorts beschrieben worden. Die unsozialen Folgen verdienen aber besondere Aufmerksamkeit. Kleinsparer, die sich riskantere Anlagen mit positiven Renditen nicht leisten können, erleiden wegen der Teuerung Jahr für Jahr auf ihren Nullzins-Sparkonten reale Verluste. Weil die meisten Leute nominell denken (Geldillusion), ignorieren sie reale Verluste. Am anderen Ende des Einkommens- und Vermögensspektrums verdienen Anleger als Profiteure der Geldschwemmenpolitik der Zentralbanken und der resultierenden „asset price inflation“ Vermögenserträge aus Dividenden und Vermögenszuwächse. Wer also die zunehmende Ungleichheit anprangert, sollte die Verantwortlichkeit der Zentralbanken, SNB eingeschlossen, nicht übersehen.
Eine weitere unsoziale Folge beobachten wir auf dem Wohnungsmarkt. Zwar haben wir so niedrige Hypothekarzinsen wie noch nie, aber diese Medaille hat für potenzielle Wohnungskäufer sogar zwei Kehrseiten. Einerseits sind die Liegenschaftspreise in einer Gegenbewegung zu den Kreditzinsen generell beträchtlich gestiegen. Anderseits müssen die kreditgebenden Institute auf Geheiss der SNB äusserst restriktive Tragbarkeitsregeln anwenden. Sie benützen heute, da 10-jährige Hypotheken zu einem Zinssatz von 1 Prozent erhältlich sind, einen kalkulatorischen Zins von sage und schreibe 5 Prozent. Mit einem Jahreseinkommen von „bloss“ CHF 100’000 ist ein Wohnungskauf heute praktisch nur noch mit viel Eigenkapital möglich. Mit anderen Worten: Jüngere Leute, die noch wenig sparen und nicht erben konnten, sind vom Kauf einer Wohnung praktisch ausgeschlossen.
Stossend an diesen Zuständen ist schliesslich, dass die Pensionskassen als Folge der SNB-Negativzinspolitik die Zwangsersparnisse der Versicherten mangels sicherer Alternativen massiv in Immobilien investieren, wo noch eine langfristig akzeptable Rendite winkt. Zuerst schmälert man also durch das 2.Säule-Zwangssparen die privaten Sparmöglichkeiten der Leute. Dann bauen die Pensionskassen mit den Ersparnissen der obligatorisch Versicherten Wohnungen, welche dieselben Leute, denen man den Erwerb einer eigenen Wohnung praktisch verunmöglicht, danach von den Pensionskassen mieten können.
Das lange Gesicht des Stadtkämmerers von Essen
Die schweizerische Nationalbank hat mit ihrem Coup vom 15. Januar, 10.30h, auch viele ausländische Franken-Schuldner überrumpelt. Gemäss Schweizer Fernsehen betragen die betreffenden ausstehenden Forderungen schweizerischer Banken insgesamt rund 150 Mrd. CHF. So haben sich zum Beispiel viele polnische und österreichische Haus- oder Wohnungskäufer aus Zinsüberlegungen mit Schweizer Hypothekarkrediten finanziert. Wenn man die langfristige Entwicklung des CHF-Kurses vor Augen hat, erscheint dieses Vorgehen doch als ziemlich abenteuerlich. Und wenn eine Zentralbank die eigene Währung gegen eine Aufwertung verteidigen muss, spricht das doch eher für eine spätere Aufwertung. Diese Risiken zu ignorieren, kann man nur als fahrläsig bezeichnen.
Dass sich aber sogar auslländische Kommunen, zum Beispiel die Stadt Essen, in CHF verschuldeten (und jetzt ganz lange Gesichter machen), gehört für mich ins Kapitel „Die Torheit der Regierenden“ (Barbara Tuchman). Sich als öffentliche Verwaltung in einer starken ausländischen Währung zu verschulden, ist an sich schon fragwürdig. Immerhin liessen sich die Währungsrisiken aus solchen Verpflichtungen ja auch relativ einfach und günstig absichern. Das Schweizer Fernsehen zeigte das lange Gesicht des Essener Stadtkämmerers (Finanzvorstand), der das x-Millionen teure Schlamassel zu verantworten hat. Wie man mit einer solchen beruflichen „Kompetenz“ überhaupt in ein solches Amt gelangt, wird dort kaum jemand fragen. Lieber beschuldigt man die SNB, unverantwortlich gehandelt zu haben – was aus einer anderen Perspektive nicht ganz falsch ist.
SNB-Coup: Die überraschten Anlageexperten
Vor einer Woche schickte ich meinem professionellen Anlageberater folgendes Mail:
„Sehr geehrter Herr …..
Ich frage mich langsam, wie lange die SNB die Stützung des Euro noch durchhalten kann. Mittlerweile werden mit der Frankenschwächung nur noch wertschöpfungsschwächere Branchen wie Tourismus und gewisse Sektoren der Industrie geschützt. Natürlich ist es für die gesamte Exportwirtschaft angenehm, wenn der Franken schwach gehalten wird, auch im Verkehr mit der übrigen Welt, z.B. USA. Sollte man Euro-Anlagen langsam abbauen oder irgendwie absichern?“
Zwei Tage danach schob ich noch folgendes Mail nach:
„Betreffend Euro darf man nicht vergessen, dass die Aufhebung der Verteidigungslinie durch die SNB natürlich auch meine Dollar-Anlagen treffen würde. Dieser hat sich ja nur wegen der Euro-Anbindung des CHF aufgewertet. Ich bin also weit stärker exponiert als bloss mit den Euro-Anlagen.“
Drei Tage danach sandte ich folgende Einschätzung an meinen Anlageberater:
„Für mich ist klar, dass alle Anzeichen dafür sprechen, dass die Euro-Untergrenze eher früher als später aufgegeben wird oder werden muss. Die Meinung Ihres Beirats in Ehren, aber ich habe meine eigene. Es gibt absolut keine Hinweise darauf, dass der Euro gegenüber dem Dollar und dem Franken stärker werden könnte. Alles spricht für eine weitere Abschwächung, und das wird die Euro-Untergrenze noch mehr unter Druck setzen. Die SNB muss zudem aussteigen, solange dies noch mit akzeptablen Verlusten möglich ist. Je länger sie zuwartet, desto teurer droht der Ausstieg zu werden. Es geht jetzt für mich also nur noch darum, die beste Absicherung gegen Schritte der SNB zu finden, damit ich nicht auch noch Währungsverluste einfahre. Ich möchte möglichst umgehend handeln, um ruhig schlafen zu können.“
Heute, nachdem die SNB noch viel schneller genau das gemacht hat, was ich erwartet hatte, lese ich in den online-Medien all die unzähligen schweizerischen und internationalen Experten, die sich über den Schritt der SNB vollkommen überrascht zeigen. Keiner all dieser famosen Experten hatte damit gerechnet. Deshalb hat wohl auch kaum jemand die Anleger vor dieser Entwicklung gewarnt. Eigentlich hätte man ja als Profi auch auf die Idee kommen können, mit einem Termingeschäft auf die Aufhebung der Euro-Untergrenze zu wetten. Das Verlustrisiko durch eine Aufwertung des Euro wäre praktisch null gewesen, wenn man denkt, dass Draghi nächstens den Euro weiter schwächen will, indem die EZB Staatsanleihen von Problemländern aufkauft.
Was diese Entwicklung an Verlusten für Schweizer Anleger inklusive Pensionskassen mit Währungsdiversifikation bedeutet, ist leicht einzusehen. Ich hatte zum Glück vorgestern mithilfe von Euro-Verkäufen, Optionen und Mini-Futures gerade noch rechtzeitig wenigstens einen Teil meiner „SNB-Risiken“ eliminiert.