Der 13. Juni rückt näher

Grundsätzlicheres als Rappenspalten zum Referendum über das neue CO2-Gesetz

Im neuen schlumpf&rentsch-Podcast führe ich mit Martin Schlumpf ein zweites Gespräch über das neue CO2-Gesetz, über das am 13. Juni abgestimmt wird. Es werden zusätzliche Aspekte diskutiert, die im ersten Video zum Thema fehlten oder nur kurz gestreift wurden. Die Streitereien in Franken und Rappen um die Belastungen von Hauhalten, Firmen oder um die Erhöhung der Ausgaben fürs Autofahren oder für Mieten überlassen wir jedoch den direkt beteiligten Akteuren und Interessen.

Kritisch wie üblich, jedoch nicht als „Klimaleugner“, erörtern wir zuerst, wie das Gesetz grundsätzlich aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse zu beurteilen ist. Im zweiten Teil geht es vertieft nochmals um die Frage, ob das CO2-Gesetz geeignet sei, das 50%-Senkungsziel aus „Paris 2015“ bis 2030 möglichst effizient zu erreichen.

Noch einmal zu „netto null CO2“

Grüne Wahlerfolge und die Illusion einer aufgeklärten Gesellschaft

Unter dem Titel „Bevorstehende Wahlen zeigen, wie sich die Grünen von der SP emanzipieren“ erschien in der NZZ online vom 6. Februar ein langer Artikel zu den jüngsten Wahlerfolgen der Grünen auf Bundesebene und in verschiedenen Kantonen. „Es war ein Erfolg, den sie in diesem Ausmass selbst nicht hatten erwarten können: Bei den eidgenössischen Wahlen 2019 verdoppelten die Grünen ihren Wähleranteil fast und wurden mit 13,2 Prozent auf einen Schlag zur viertstärksten Kraft im Land.“ stand dort zu lesen. 

Ich schrieb dazu folgenden Kommentar: „Es ist schon erstaunlich, dass eine Partei, die das „Klimaziel“ netto null CO2 bis 2030 vertritt, solche Wahlerfolge feiert. In einer aufgeklärten Gesellschaft müsste eine Partei, die solche Verrücktheiten propagiert, massiv abgestraft werden. Gut, aufgeklärt waren wir früher mal, aber jetzt regrediert der Zeitgeist.“

Die grünen Wahlerfolge sind nur zu verstehen, wenn man das Idealbild des informierten, rational entscheidenden Wählers über Bord wirft. Gefragt ist Einsicht in eine plausible Wahl- und Abstimmungspsychologie. Sehr viele Leute wählen oder stimmen in einem abgekürzten Meinungsbildungsprozess aufgrund von Vorurteilen nach Bauchgefühl und auch nicht unbedingt direkt zur Sache, sondern symbolisch, um daraus emotionalen Nutzen zu ziehen. Grün wählen vermittelt das angenehme Gefühl, man tue etwas „für das Klima“, weil die Grünen die rabiatesten Forderungen zur Reduktion der CO2-Emissionen vertreten. So offerieren die Grünen den Leuten Entlastung von persönlichen Opfern für den „Klimaschutz“. Es handelt sich somit um eine Art Ablasshandel. Das passt auch gut zur grünen Ideologie mit ihrer religiösen Aura. Wer uns wählt, steht auf der Seite des Guten.

In der „Weltwoche“ 05/21 warnte ich in einem Beitrag vor grünen klimapolitischen Rezepten:

Die „Winterstromlücke“ als Vermächtnis unserer populären alt Bundesrätin Doris Leuthard

Die Versorgungssicherheit ist das A und O einer funktionsfähigen Stromversorgung. Dazu passt eine Aussage von Winston Churchill, die zum Grundbestand politischer Weisheit gehört: Sicherheit liegt in der Vielzahl der Optionen, die einem als Handlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.

Unsere ehemalige Energieministerin, Bundesrätin Doris Leuthard, hat mit der von ihr angestossenen „Energiewende“ ziemlich massiv in die Geschicke der Schweiz eingegriffen. Dabei hat sie das Gegenteil dessen durchgesetzt, was Churchill empfahl. Die schweizerische „Energiewende“ reduziert allein schon mit dem Ausstieg aus der Kernenergie die Handlungsmöglichkeiten der Energiepolitik. Das ist aber längst nicht alles an freiwilligen Selbstbehinderungen.

Nach der gewonnen Abstimmung vom Mai 2017 über „ihr“ Energiegesetz sagte Leuthard an einer Tagung im Oktober desselben Jahres folgenden Satz: Die Schweiz wird bis 2035 ausreichend Strom zur Verfügung haben, sofern die Integration in den europäischen Strommarkt gelingt, die Energieeffizienz gesteigert wird und der Anteil an erneuerbaren Energien wächst. Doch erstens wird es ohne Stromabkommen keine Integration in den europäischen Strommarkt geben. Zweitens ist die erhoffte Steigerung der Energieeffizienz technisch, ökonomisch und politisch eine riesige Herausforderung. Und drittens drohen mit dem geplanten Ersatz der wegfallenden Kernenergie durch erneuerbare Energien – überwiegend Solarstrom – wachsende Stromüberschüsse im Sommer und eine massiv verschärfte Mangelsituation im Winter (siehe dazu schlumpf&rentsch im Podcast zur „Winterstromlücke“).

Das Gelingen der Leuthard’schen „Energiewende“ ist also abhängig von einem Stromabkommen mit der EU. Die Hoffnung auf ein solches Abkommen beruhte schon vor der Abstimmung über das Energiegesetz auf wackeligen Annahmen. Inzwischen zeigt eine fundierte EMPA-Studie, wie sehr der geplante forcierte Ausbau von erneuerbaren Energien (weitgehend Solarstrom) in Kombination mit der Elektrifizierung im Bereich Mobilität und Gebäude die Stromlücke im Winter und den potenziellen Importbedarf massiv erhöht.

Mit anderen Worten: Die Leuthard’sche Energiewende hat die Schweiz in eine europapolitische Zwangslage versetzt. Durch die Nachteile einer drohenden Marginalisierung im europäischen Strommarkt und die resultierende Erschwerung von Stromimporten steigt der Druck zum Abschluss des institutionellen Rahmenabkommens (INSTA). Zugleich kann die EU mit der Verweigerung eines Stromabkommens die Schweiz INSTA-gefügig machen.

In unserer Regierung werkeln sieben Mitglieder in ihren Departementen mit grossem Einsatz und viel gutem Willen an ihren Projekten. Manchmal hat man aus der Froschperspektive des Normalbürgers den Eindruck, dass die Sensiblilität für die thematischen gegenseitigen Abhängigkeiten in der Regierungsarbeit nicht gerade ausgeprägt ist.

Kann die deutsche Energiewende für die Schweiz als Vorbild dienen?

Über diese Frage diskutieren schlumpf&rentsch in ihrem neuen Video-Podcast nicht zuletzt deshalb, weil hierzulande Personen mit prominenter Stimme eine viel ambitioniertere schweizerische Energiewende nach dem Muster Deutschlands fordern. Man denke etwa an den früheren SP-Präsidenten Peter Bodenmann und seine wiederkehrenden Aufrufe in seinen Weltwoche-Kolumnen zu einer massiven Solar-Offensive. Oder an die Aufforderung der ehemaligen Präsidentin der Grünen, Regula Rytz, wir müssten nur mal über die nördliche Grenze fahren, um angesichts der vielen PV-Anlagen auf deutschen Dächern einen Eindruck vom schweizerischen Rückstand auf Deutschland zu erhalten. Auch der ETH-Professor Anthony Patt lobte jüngst in einem Referat Deutschlands Energiewende als Vorbild für die Schweiz. Und der Energie-Experte der SP, Nationalrat Roger Nordmann, verriet als Autor des Buches „Sonne für den Klimaschutz“, dass auch für ihn die deutsche Energiewende nachahmenswert sei.

Zwischen den Energiewenden Deutschlands und der Schweiz gibt es einige Unterschiede. Im Stromsektor sind dies etwa die Bedeutung der Stromerzeugung aus Kohle und Wind oder die Restlaufzeit der Atomkraftwerke. Hingegen gelten physikalische und ökonomische Gesetzmässigkeiten überall, unabhängig von Nationalitäten, politischen Willensbezeugungen oder moralisch aufgeladenen Volksmeinungen. Martin Schlumpf hat sich eingehend mit den relevanten Daten und Zusammenhängen befasst und gibt im Gespräch mit Hans Rentsch Auskunft über die wichtigsten Fakten und Aspekte. Seine Antwort auf die Ausgangsfrage „Deutschland als Vorbild für die Schweiz?“ lautet nein.

(Leider sind im Gespräch zwei Flüchtigkeitsfehler mit Energieeinheiten passiert: bei 15:50 müsste es MWh statt kWh heissen und bei 25:38 und 25:58 ist die richtige Einheit TWh und nicht GWh.

Auf unserem YouTube-Kanal schlumpf&rentsch sind alle unsere Video-Podcasts zu finden https://www.youtube.com/channel/UCI18crz-dCMvArUTmivDqiA.

Noch 2 x schlumpf&rentsch

Wie wir zu kritischen Beobachtern von Energiewenden und Klimaalarmismus wurden

In dritten Video-Podcast spricht Martin Schlumpf (https://www.schlumpf-argumente.ch/) über seinen Werdegang, zuerst als Musik-Professor, Komponist und Improvisator. Danach schildert er seine persönliche Wende vom links-grünen Umweltaktivisten zum „rationalen Optimisten“ – in Anlehnung an das Buch „The Rational Optimist“ von Matt Ridley, einem der Autoren, die ihn in seiner Wende beeinflusst haben.

Im vierten Podcast befragt Martin Schlumpf Hans Rentsch (https://www.volldaneben.ch/) über seinen Weg zum klimapolitisch interessierten Ökonomen. Ausgehend von einem Auftritt in der Sendung „Club“ des Schweizer Fernsehens im Jahr 2010, schildert Hans Rentsch die Vorgeschichte(n) dazu.

Hier die Links zu den beiden ersten Videos über das Buch „False Alarm“ von Björn Lomborg und über die Begriffe „Klimaleugner“ und „Klimaskeptiker“.

„False Alarm“

Ein Gespräch über das neue Buch von Björn Lomborg

Martin Schlumpf und Hans Rentsch unterhalten sich über Björn Lomborgs neustes Buch „False Alarm”: https://www.youtube.com/watch?v=B6L3eh6HMOI
(Aufnahme und Produktion: Martin Schlumpf).

In „False Alarm“ argumentiert der „Skeptical Environmentalist“ Björn Lomborg erneut für seine bekannte These, dass Panik und Alarmismus in der Klimapolitik mehr Schaden anrichten als nützen. Dass die gängige, von links-grünen Forderungen geprägte Klimapolitik, für die sich auch die Schweiz entschieden hat, viel zu teuer und dennoch praktisch wirkungslos sein soll, hört man in Kreisen von Politik, Medien und Umweltaktivisten natürlich nicht gern. Die Argumente von Lomborg sind aber bedenkenswert, denn er warnt vor einer einseitigen Ressourcenverschwendung zugunsten ineffizienter Klimamassnahmen auf Kosten anderer wichtiger globaler Probleme wie Armut, Hunger oder mangelnder Gesundheitsvorsorge. Dabei stützt er sich unter anderem auf Daten und Erkenntnisse der offiziellen Konsens-Klimaforschung, wie sie in den Berichten des Weltklimarats publiziert sind.

Martin Schlumpf war bis zu seiner Pensionierung Musikprofessor an der Zürcher Hochschule der Künste. Seit einigen Jahren beschäftigt er sich intensiv mit Energiedaten im Zusammenhang mit der aktuellen Klimapolitik. Dazu verfasste er in jüngerer Zeit mehrere Beiträge für verschiedene Medien. Hans Rentsch, Ökonom und Wirtschaftspublizist, war vor seiner Pensionierung als Autor und Projektleiter im Auftrag des Think Tanks Avenir Suisse tätig. Angeregt durch „Climategate“ und die „Hockeystick-Kontroverse“, wandte er sein Interesse vor gut zehn Jahren Themen der Klimapolitik zu. Seither äussert er sich immer wieder zum Thema in verschiedenen Medien. Martin Schlumpf und Hans Rentsch sind Mitglieder des Carnot-Cournot-Netzwerks https://www.c-c-netzwerk.ch/.

Frauenpower in der Klimadebatte

Die weibliche Dominanz in der Klimapolitik wirft Fragen auf, deren sich die Gender-Forschung annehmen müsste

Es ist schon eigenartig, wenn nicht gar paradox, dass ausgerechnet heute, da Frauen alles erreichen können, wenn sie nur wollen, weiterhin ein offensiv fordernder Feminismus, angereichert um das nicht ganz konfliktfreie Gender-Thema, die gesellschaftlichen Debatten prägt. So ist nun jede gesellschaftliche Frage auch, wenn nicht sogar vor allem, unter dem Aspekt des Geschlechts zu betrachten, zu diskutieren und zu entscheiden. Solche Übertreibungen haben selbstverständlich wie stets ihre unbeabsichtigten, im Grunde aber voraussehbaren Nebenwirkungen. Der anhaltende Gender-Aktivismus enthält den Keim für einen Backlash.

Für mich bedeutet diese Entwicklung der jüngsten Zeit, dass die allgegenwärtige, gelegentlich sogar aufdringliche Gender-Debatte auch meine eigene Sicht der gesellschaftlichen Realität genderisiert hat. Man wird ja förmlich dazu gezwungen. Mir ist aus dieser aufgedrängten Perspektive bei meiner Tageslektüre der NZZ zunächst bloss aufgefallen, dass vor allem IPCC-gläubige Redaktorinnen bzw. Autorinnen, quasi im Gleichklang mit der Klimajugend, in das alarmistische Horn blasen. Dabei war mir natürlich klar, dass man mit so dünner anekdotischer Evidenz keine belastbaren Aussagen über eine weibliche Dominanz in der Klimadebatte und -politik machen kann. Ein vertieftes Nachdenken und -forschen brachte dann aber doch ziemlich stichfeste Hinweise:

  • Greta Thunberg ist weiblich, Luisa Neubauer, die deutsche Galionsfigur der FFF-Bewegung, auch. In der Schweiz profiliert sich die von der UNO als „Climate Champion“ nominierte Marie-Claire Graf (23) mit forschen Reden und mit der Forderung, „Klimaleugner“ mundtot zu machen. Klimaleugner sind alle, die nicht ihrer Meinung sind.
  • An den Klimastreiks sind Mädchen und junge Frauen in der Überzahl, in deutschen Städten gemäss neutralen Schätzungen mit Mehrheiten um die 70 Prozent.
  • Bundeskanzlerin Angela Merkels Kabinett fuhr im Jahr 2011 die deutsche Energiewende nach Fukushima um mehrere Stufen hoch.
  • Ursula von der Leyen, die neue Kommissionspräsidentin der EU, verkündete der Welt, kaum war sie im Amt, den bombastischen „Green Deal“, der die EU bis 2050 dank finanziellen Düngemitteln von einer Billion Euro „klimaneutral“ machen soll.
  • Die frühere Bundesrätin und Energieministerin Doris Leuthard rief mit einer historisch erstmaligen weiblichen 4 zu 3-Mehrheit im Bundesrat die schweizerische Energiewende aus.
  • Das Leuthard’sche, auch klimapolitisch begründete Energiegesetz als Auftakt zur illusionären „Energiewende“ wurde von Frauen mit 64%-Ja-Stimmen angenommen, von Männern nur mit 52%.
  • Die aktuelle Energieministerin Simonetta Sommaruga will der Energiewende noch mehr Schub verleihen. Sie übernahm dazu schon mal die Rhetorik der Klimajugend, wenn nicht gar von „Extinction Rebellion“. Am WEF in Davos schleuderte sie der versammelten Prominenz als Auftakt zu ihrer Rede die Warnung „die Welt brennt“ entgegen.
  • Die schweizerischen Parlamentswahlen vom Herbst 2019 brachten unter dem Einfluss der jugendlichen Klimastreiks eine grüne weibliche Welle in beide Räte.
  • In grünen Parteien geben Frauen den Ton an. Die bekanntesten Gesichter der schweizerischen Grünen heissen Maja Graf und Regula Rytz.
  • Die FDP-Präsidentin und Nationalrätin Petra Gössi hat die grüne FDP-Wende eingeleitet.
  • Es gibt eine Oma-Kampftruppe für Klimaschutz, aber keine Opa-Bewegung.
  • Und geht man mit der gleichen Gender-Brille über den grossen Teich, stösst man umgehend auf die politische Leitfigur des „Green New Deal“ in den USA, nämlich die junge und laute demokratische Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez.

Interessante, aber heikle Fragen und Erörterungen für die Gender-Forschung drängen sich auf: Sind die klimapolitischen Unterschiede zwischen Mann und Frau biologisch oder durch Sozialisierungsunterschiede zu erklären? Welchen Einfluss hat es, dass Frauen viel zahlreicher die „weichen“ Studienrichtungen der Geistes- und Sozialwissenschaften, von Medizin/Pharmazie sowie der Biologie wählen als die technisch-naturwissenschaftlichen oder ökonomischen Disziplinen? Was bedeutet dies für die Rationalität der Klimapolitik? Hilft also letztendlich die Frauenpower dem Klima? Und schliesslich: Kann man von der Gender-Forschung unbefangene Ergebnisse erwarten? Das wäre dann gleichsam ein völlig neuartiges Projekt: Die Gender-Forschung erforscht sich selbst.